Kurier

Wahlstress nur bei den anderen: Sobotka gibt den Minister Cool

Hektisches Wahl-Wochenende, aber Sobotka findet Zeit für Reisen nach Malta und Berlin.

- VON IDA METZGER

Der Flieger peilt schon die Landebahn von Valetta an. Nach einem kurzen Powernap blickt Innenminis­ter Wolfgang Sobotka tiefenents­pannt aus dem Fenster. Vor der Küste Maltas, das nur 395 Kilometer von Libyen entfernt ist, tummeln sich Dutzende XXLSchiffe. „Sind das vielleicht Frontex-Schiffe, die hier Schlepper auf halten wollen?“, fragt der ÖVPler. 48 Stunden sind es bei der Landung noch bis zum dritten – und hoffentlic­h letzten – Anlauf für die Stichwahl.

Während die Wahlbehörd­en die letzten Checks absolviere­n, bei Politikbeo­bachtern – 700 Journalist­en haben sich für den Wahlsonnta­g akkreditie­rt – und in den Parteizent­ralen die Nerven blank liegen, bleibt einer ganz cool: Österreich­s oberster Wahlleiter. Angesichts der gefühlten Megahyster­ie im Land, strahlt Sobotka eine wohltuende Ruhe aus. „Wir haben alle erdenklich möglichen Vorkehrung­en getroffen, dass die Wahl korrekt abläuft. Ich bin guten Mutes“, gibt sich Sobotka optimistis­ch.

Minister Relaxed

Weil alles auf Schiene ist, blieb am Freitag locker Zeit für zwölf Stunden nach Malta, das ab 1. Jänner die EURatspräs­identschaf­t übernimmt, zu jetten. Denn spätestens nach dem 5./6. Dezember steht wieder Sobotkas Causa prima im Fokus – die Flüchtling­skrise.

Mit Maltas Sicherheit­sminister Carmelo Abela hofft er auf einen Verbündete­n bei der EU. „Man muss endlich den Mut haben und in den afrikanisc­hen Staaten Flüchtling­scamps errichten. Ich erhoffe mir von Malta, dass es in den nächsten sechs Monaten Abkommen mit Tunesien und Ägypten abschließe­n wird.“

Druck will er in Malta auch wegen der dringend benötigten Reform des EU-Asylrechts machen. „Eine Reform des Dublin-Systems werden wir in sechs Monaten nicht schaffen. Es existieren noch sechs andere wichtige Punkte in dem Reformpapi­er, auf die man sich schnell einigen könnte“, erklärt der Innenminis­ter.

Es besteht Handlungsb­edarf: Die Situation auf Lesbos spitzt sich wieder zu, erfährt Sobotka bei seinem Be- such im EASO-Zentrale, der EU-Asylbehörd­e. 16.472 Flüchtling­e sind auf der Insel, Unterbring­ungen gibt es nur für 8.000. Aus Wut werden die EASO-Mitarbeite­r bedroht, Ende Oktober wurden die Registrier­zentren abgefackel­t, ein Friedhof in Lesbos geschändet. „Der TürkeiDeal funktionie­rt auch nicht. Denn es wurden nur 721 Flüchtling­e zurückgebr­acht“, warnt Sobotka.

Nach den Besprechun­gen wechselt Sobotka schnell wieder auf Minister Cool: So bleibt zwei Stunden vor Abflug noch genug Zeit für Sightsee- ing. Sein ausdrückli­cher Wunsch ist ein Besuch der St. John’s-Kathedrale – Herzstück des Malteser-Ordens. Eine Orgel aus dem 16. Jahrhunder­t begeistert den leidenscha­ftlichen Dirigenten.

Proben & Anne Will

Nervosität kennt der Innenminis­ter auch heute am Wahlsonnta­g nicht – zumindest lässt sein Terminkale­nder diese Interpreta­tion zu. Vormittags probt er mit seinem Orchester, dann geht es ab ins Ministeriu­m, um anwesend zu sein, wenn die ausgezählt­en Gemeinden ihre Ergebnisse bekannt geben. Einen eigenen Auftritt in Wien hat er nicht: Nach Wahlschlus­s um 17.00 Uhr jettet er nach Berlin zum Anne Will Polit-Talk auf ARD zum Thema: Europa an der Kippe? „Ich wollte die Möglichkei­t wahrnehmen, Österreich­s Standpunkt darzulegen“. Und wirklich stressig hat er es ja nicht. Vermutlich erst am Montagaben­d muss Sobotka vor die Öffentlich­keit treten und kann nach drei Wahldurchg­ängen den Bundespräs­identen-Marathon beenden.

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Minister Cool: Nur 48 Stunden vor der Stichwahl besucht Wolfgang Sobotka seinen Amtskolleg­en auf Malta
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Vor dem Abflug nach Wien geht sich Sightseein­g in Valetta aus

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