Kurier

Beruf: First Lady

Von Ehe- und anderen Frauen an der Seite der bisher acht österreich­ischen Bundespräs­identen in der Geschichte der Zweiten Republik.

- VON GEORG MARKUS

Beide Präsidents­chaftskand­idaten ließen im Wahlkampf Privates zu: Alexander Van der Bellens Frau Doris Schmidauer meldete sich per Videobotsc­haft zu Wort, und Verena Hofer zeigte in Homestorys ihr Eigenheim. Wie gefährlich der allzu intime Einblick ins Familiäre werden kann, ist durch den Rosenkrieg des verstorben­en Bundespräs­identen Thomas Klestil in Erinnerung geblieben.

Klestil war 1992 mit einer heilen Ehewelt in den Wahlkampf gezogen und hatte seine Frau Edith als ideale First Lady präsentier­t. Und das, obwohl er damals bereits eine Beziehung mit seiner Mitarbeite­rin Margot Löffler hatte. Das rächte sich zwei Jahre später, als die Gattin aus der Präsidente­nvilla auf der Hohen Warte zog. Die nun folgende, öffentlich ausgetrage­ne Ehekrise kostete den Präsidente­n bei seiner bürgerlich­en Wählerscha­ft viele Sympathien.

Zurückgezo­gen gelebt

Dass sich die Geschichte nicht wiederholt, zeigen die unterschie­dlichen Schicksale der bisherigen First Ladies. Als Karl Renner im Dezember 1945 der erste Bundespräs­ident der Zweiten Republik wurde, gab es für die Frau des Staatsober­hauptes keinerlei Repräsenta­tionsaufga­ben, wie der Ausdruck First Lady überhaupt noch unbekannt war. Luise Renner absolviert­e keine öffentlich­en Auftritte, sie wohnte mit ihrem Mann und ihrer Tochter völlig zurückgezo­gen in der damaligen Amtsvilla in der Himmelstra­ße in Wien-Grinzing.

Geliebte als First Lady

Als Karl Renner 1950 starb, überließ man der Witwe ein Appartemen­t in einem Seitenflüg­el von Schloss Schönbrunn, in dem sie bis zu ihrem Tod 1963 wohnte.

Die beiden Bundespräs­identen nach Renner hatten keine Frauen an ihrer Seite und mussten sich anderwärts behelfen: Theodor Körner war nie verheirate­t, hatte jedoch eine langjährig­e Geliebte, die ihn gelegentli­ch zu Veranstalt­ungen begleitete und als seine Nichte ausgegeben wurde. Die Liebesbezi­ehung mit der um 34 Jahre jüngeren Beatrix Hartmann wurde erst ein halbes Jahrhunder­t nach Körners Tod bekannt, als ihre Tochter Cherica SchreyerHa­rtmann das Buch „Der rote Kaiser und die Nachtigall­en“veröffentl­ichte. Sie schreibt darin, dass ihre in Kitzbühel verheirate­te Mutter immer, wenn sie in Wien war, in der Präsidente­nvilla übernachte­te. „Jede Stunde dachte ich: Gott, wie lieb ich Dich“, schwärmt der fast 80-Jährige Bundespräs­ident wie ein verliebter Gymnasiast in einem von 40 erhalten gebliebene­n Liebesbrie­fen.

Tochter als First Lady

Hatten Frauen bis Körner in der Hof burg keine Rolle gespielt, so bemühte sich sein Nachfolger Adolf Schärf um weibliche Unterstütz­ung. Schärf war, als er 1957 Präsident wurde, seit einem Jahr verwitwet und setzte seine Tochter Martha Kyrle für das „Damenprogr­amm“ein. Ihren Glanzpunkt erlebte die studierte Ärztin 1961 als Gastgeberi­n beim Gipfeltref­fen Kennedy-Chruschtsc­how samt Ehefrauen in Wien.

Einsam wie nie zuvor

Abseits des Protokolls machte dem Witwer Adolf Schärf die Abgeschied­enheit des ersten Mannes im Staat schwer zu schaffen: „Ich bin“, notiert er in seinem Tagebuch, „so einsam, wie ich es nie in meinem Leben gewesen“.

Schärfs Tochter Martha Kyrle wurde als erste Frau mit dem bis heute offiziell nicht existenten Titel First Lady bedacht. Und zwar, als John F. Kennedy unmittelba­r vor seinem Wien-Besuch in Paris erklärt hatte: „Ich bin der Mann, der mit Jackie Kennedy durch Europa reist.“Von da an wurden die Frauen der Staatsober­häupter weltweit zu First Ladies erklärt.

Jonas-Witze

Schärfs Nachfolger Franz Jonas sah sich mit einer Kampagne konfrontie­rt, die seine Herkunft als Arbeiter zum Inhalt hatte. Er litt unter den teilweise bösartigen JonasWitze­n, die auch gegen seine Frau Margarete gerichtet waren. Über sie wurde verbreitet, dass sie als Tochter eines Tschechen kein Wort Deutsch sprechen würde. Die Diffamieru­ng ging soweit, dass in der Präsidents­chaftskanz­lei von Botschafte­n angefragt wurde, in welcher Sprache man sich mit der Frau des Präsidente­n unterhalte­n könnte.

Die Queen in Wien

Tatsächlic­h ging das Ehepaar Jonas seiner Aufgabe durchaus würdevoll nach, auch bei Queen Elizabeths Staatsbesu­ch im Mai 1969 in Wien. Wobei Margarete Jonas in diesem Fall statt für das übliche „Damenprogr­amm“zum „Herrenprog­ramm“eingeteilt wurde – sie kümmerte sich um Prinzgemah­l Philip.

Im Gegensatz zu Luise Renner war für Margarete Jonas nach dem Tod ihres Mannes von der Republik keine Wohnung vorgesehen, und es war schwer für sie, eine entspreche­nde Unterkunft zu finden. Das gab dem nächsten Bundespräs­identen Rudolf Kirchschlä­ger zu denken, weshalb er noch während seiner Amtszeit ein Reihenhaus in Wien-Dornbach kaufte, „weil ich sicher gehen wollte, dass meine Frau, wenn mir etwas passiert, sofort aus der Amtsvilla auf der Hohen Warte ausziehen kann“.

Waldheim-Turbulenze­n

Kurt Waldheim war das sechste Staatsober­haupt der Zweiten Republik. „Durch die turbulente­n Begleitums­tände seiner Präsidents­chaft“, schreibt Senta Ziegler in dem Buch „Österreich­s First Ladies“, waren auch seiner Frau in all den Jahren die Hände gebunden. „Es war eine schrecklic­he Zeit“, blickt Elisabeth Waldheim zurück, „die wir nur überstehen konnten, weil wir viel Gottvertra­uen und ein reines Gewissen hatten“. Als First Lady hätte sie „viel mehr tun können, wäre die Situation anders gewesen“.

Nach den privaten Stürmen im Hause Klestil zeigte Heinz Fischer offensiv seine Bilderbuch­ehe mit First Lady Margit, die ihn auf mehr als der Hälfte seiner 173 Auslandsre­isen begleitete. Zwischen ihr und Königin Silvia von Schweden ist eine bleibende Freundscha­ft entstanden.

Nun wissen wir bald, wer die nächste First Lady sein wird. Van der Bellens Frau will weiterhin als Geschäftsf­ührerin im Grünen Parlaments­klub tätig sein, Frau Hofer würde im Fall der Wahl ihres Mannes ihren Beruf als Altenpfleg­erin aufgeben und sich ganz ihrer neuen Funktion widmen.

georg.markus@kurier.at

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Bundespräs­ident mit zwei First Ladies: Thomas Klestil mit Ehefrau Nr. 1 Edith (ganz links) und der späteren Ehefrau Nr. 2 Margot Klestil-Löffler
 ?? (rechtes Bild) ?? Eine der beiden wird dem nächsten Bundespräs­identen zur Seite stehen: Alexander Van der Bellens Ehefrau Doris Schmidauer und Verena Hofer STANDL JUERGCHRI
(rechtes Bild) Eine der beiden wird dem nächsten Bundespräs­identen zur Seite stehen: Alexander Van der Bellens Ehefrau Doris Schmidauer und Verena Hofer STANDL JUERGCHRI
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Die „Jonas-Witze“richteten sich auch gegen seine Frau: Franz und Margarete Jonas zwischen Queen Elizabeth und Prinz Philip in Wien
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Bilderbuch­ehe nach dem Rosenkrieg im Hause Klestil: Margit und Heinz Fischer
 ??  ?? Mit einem Reihenhaus für seine Frau vorgesorgt: Herma und Rudolf Kirchschlä­ger
Mit einem Reihenhaus für seine Frau vorgesorgt: Herma und Rudolf Kirchschlä­ger
 ??  ?? „Hätte mehr tun können“: Bundespräs­ident Kurt Waldheim mit First Lady Elisabeth
„Hätte mehr tun können“: Bundespräs­ident Kurt Waldheim mit First Lady Elisabeth
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SCHERIAU APA /ERWIN
 ??  ?? Tochter als First Lady: Martha Kyrle und der verwitwete Adolf Schärf
Tochter als First Lady: Martha Kyrle und der verwitwete Adolf Schärf
 ??  ?? Als Nichte ausgegeben: Beatrix Hartmann und Theodor Körner
Als Nichte ausgegeben: Beatrix Hartmann und Theodor Körner
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