Die Macht des Vergebens
Eva Mozes Kors Familie wurde in Auschwitz ermordet, sie selbst als Versuchskind für medizinische Experimente missbraucht. Mit ihrem Buch „Die Macht des Vergebens“erregt sie nun Aufsehen. Darin beschreibt die heute 82-Jährige, dass sie sich von der Last der Opferrolle befreit hat, indem sie das Geheimnis und Wagnis der persönlichen Vergebung eingegangen ist. Sie ist nicht bereit, sich als Buchhalterin all dessen, was ihr angetan wurde, zu betätigen.
Die stärkere Kraft
Statt ihre Missetäter zu hassen, hat sie eine andere Wahl getroffen: „Ich habe nur ein Leben“sagt Eva Mozes Kor, die das Vergeben als einzige Möglichkeit entdeckt hat, ihre restliche Lebenszeit zu verbessern – die noch dazu „gratis ist und niemandem weh tut“.
Zorn und Hass sind giftig und zerstörerisch, also eigentlich viel zu gefährlich, als sie zu lange im Herzen zulassen zu dürfen oder vielleicht sogar den Kindern weiterzugeben, denn damit beeinträchtigen wir weiteres Leben. Vergebung zu wählen und zu gewähren heißt, eine viel stärkere Kraft wieder im eigenen Leben dominieren und mich heilen zu lassen.
Auch meine seelsorgliche Praxis mit Opfern verschiedenster Unrechtssituationen muss dazu dienen, in die Nähe der heilenden Kraft der Vergebung zu führen: Wenn ich vergeben kann, werde ich selbst heiler und freier. Der Autor ist Dompfarrer zu St. Stephan.
dompfarrer@stephansdom.at