Eine Abfuhr für die ÖSV-Abfahrer
Im Speed-Team ist nach dem fünftschlechtesten Ergebnis der Geschichte Feuer am Dach
Als Hannes Reichelt in der Abfahrt von Val d’Isère mit Startnummer 19 ins Ziel kam, da war das Dilemma des ÖSVSpeed-Teams endgültig perfekt. Beim Blick auf die Ergebnisliste empfahl sich den Österreichern ein Kopfstand: Reichelt führte das Klassement von hinten an, unmittelbar gefolgt von seinen Kollegen Romed Baumann, Vincent Kriechmayr und Matthias Mayer – die vier Österreicher teilten sich zu diesem Zeitpunkt brüderlich die letzten vier Plätze.
Hans Pum fiel zum desolaten Auftritt seiner Athleten in Savoyen nur die Bezeichnung „deprimierend“ein. Bereits nach dem ersten SpeedWochenende dieses Winters sind vom ÖSV-Direktor die Qualitäten als Krisenmanager gefragt. Der 17.Rang von Matthias Mayer bedeutet das fünftschlechteste Abfahrtsergebnis der Österreicher in der 50-jährigen Weltcup-Historie. „Das tut weh und ist Österreich nicht würdig“, befand denn auch Hans Pum.
Rätselraten
Dabei war das Speed-Team mit enormer Zuversicht und hohen Erwartungen in die Saison gestartet. Nach dem schwachen Abschneiden im vergangenen Winter, in dem es in der Königsdisziplin lediglich zu drei Podestplätzen gereicht hatte, war beim Skiverband viel analysiert und getüftelt worden. „Ich wüsste nicht, was wir anders und besser hätten machen können“, hatte Chefcoach Andreas Puelacher vor dem Saisonstart im KURIER-Interview noch frohlockt.
Die Euphorie ist rasch der Ernüchterung gewichen. Das Problematische an der peinlichen Performance von Val d’Isère ist, dass die Österreicher bei ihrer Analyse im Dunklen tappen. „Ich hatte eigentlich gedacht, dass es gut passt und die Fahrt gut ist“, wunderte sich WeltcupRückkehrer Matthias Mayer über den Rückstand zur Weltspitze. „Das ist für uns alle rätselhaft“, meinte auch Hans Pum und kündigte eine schonungslose Aufarbeitung an. „Wir werden das Punkt für Punkt durchgehen.“
Elch-Fest
Ein Mitgrund für die schlechten Ergebnisse mögen auch die langen Verletzungspausen von Hannes Reichelt (Bandscheiben-OP), Georg Streitberger (Kreuzbandriss) und Matthias Mayer (Wirbelbrüche) sein, die alle in Val d’Isère ihr Comeback feierten. Andererseits fuhr Aksel Lund Svindal bei sei- ner Rückkehr nach einer Knieverletzung in beiden Rennen sofort wieder aufs Stockerl: Dem zweiten Platz im Super-G ließ der Norweger in der Abfahrt einen dritten Rang folgen. „Der Aksel ist aber auch etwas Besonderes“, will Landsmann Kjetil Jansrud festhalten. Der 31Jährige gewann vor dem Südtiroler Peter Fill auch das zweite Speedrennen der Saison und verblüffte mit dem Geständnis, dass er bei seinen Siegesfahrten noch nicht „volles Risiko“gegangen sei.
Solche Aussagen müssen in den Ohren der Österreicher wie Hohn klingen. „Wir fahren hinterher, das muss man so sagen“, weiß Mayer. „Wir geben zu wenig Gas.“
Hoffnung Hirscher
Nach dem Speed-Debakel liegt’s nun also wieder einmal an Marcel Hirscher, die Seele der Ski-Nation zu trösten. Im Riesentorlauf in Val d’Isère (10 bzw. 13 Uhr, live in
ist der Salzburger der Topfavorit. 2009 hatte Hirscher dort sein erstes Rennen gewonnen – allerdings auf der steilen Face de Bellevarde und nicht auf der Piste Oreiller-Killy. Insgesamt hält er schon bei vier Riesentorlauf-Siegen in Val d’Isère.
21. Franz +2,00, 24. Reichelt +2,05, 26. Striedinger +2,25, 29. K. Kröll (alle AUT) +2,50. – 1. Hirscher (AUT) und Jansrud je 200, 3. Svindal 140. – RTL in Val d’Isère (Sonntag, 10/13 Uhr).