Kurier

Eine Abfuhr für die ÖSV-Abfahrer

Im Speed-Team ist nach dem fünftschle­chtesten Ergebnis der Geschichte Feuer am Dach

- VON CHRISTOPH GEILER

Als Hannes Reichelt in der Abfahrt von Val d’Isère mit Startnumme­r 19 ins Ziel kam, da war das Dilemma des ÖSVSpeed-Teams endgültig perfekt. Beim Blick auf die Ergebnisli­ste empfahl sich den Österreich­ern ein Kopfstand: Reichelt führte das Klassement von hinten an, unmittelba­r gefolgt von seinen Kollegen Romed Baumann, Vincent Kriechmayr und Matthias Mayer – die vier Österreich­er teilten sich zu diesem Zeitpunkt brüderlich die letzten vier Plätze.

Hans Pum fiel zum desolaten Auftritt seiner Athleten in Savoyen nur die Bezeichnun­g „deprimiere­nd“ein. Bereits nach dem ersten SpeedWoche­nende dieses Winters sind vom ÖSV-Direktor die Qualitäten als Krisenmana­ger gefragt. Der 17.Rang von Matthias Mayer bedeutet das fünftschle­chteste Abfahrtser­gebnis der Österreich­er in der 50-jährigen Weltcup-Historie. „Das tut weh und ist Österreich nicht würdig“, befand denn auch Hans Pum.

Rätselrate­n

Dabei war das Speed-Team mit enormer Zuversicht und hohen Erwartunge­n in die Saison gestartet. Nach dem schwachen Abschneide­n im vergangene­n Winter, in dem es in der Königsdisz­iplin lediglich zu drei Podestplät­zen gereicht hatte, war beim Skiverband viel analysiert und getüftelt worden. „Ich wüsste nicht, was wir anders und besser hätten machen können“, hatte Chefcoach Andreas Puelacher vor dem Saisonstar­t im KURIER-Interview noch frohlockt.

Die Euphorie ist rasch der Ernüchteru­ng gewichen. Das Problemati­sche an der peinlichen Performanc­e von Val d’Isère ist, dass die Österreich­er bei ihrer Analyse im Dunklen tappen. „Ich hatte eigentlich gedacht, dass es gut passt und die Fahrt gut ist“, wunderte sich WeltcupRüc­kkehrer Matthias Mayer über den Rückstand zur Weltspitze. „Das ist für uns alle rätselhaft“, meinte auch Hans Pum und kündigte eine schonungsl­ose Aufarbeitu­ng an. „Wir werden das Punkt für Punkt durchgehen.“

Elch-Fest

Ein Mitgrund für die schlechten Ergebnisse mögen auch die langen Verletzung­spausen von Hannes Reichelt (Bandscheib­en-OP), Georg Streitberg­er (Kreuzbandr­iss) und Matthias Mayer (Wirbelbrüc­he) sein, die alle in Val d’Isère ihr Comeback feierten. Anderersei­ts fuhr Aksel Lund Svindal bei sei- ner Rückkehr nach einer Knieverlet­zung in beiden Rennen sofort wieder aufs Stockerl: Dem zweiten Platz im Super-G ließ der Norweger in der Abfahrt einen dritten Rang folgen. „Der Aksel ist aber auch etwas Besonderes“, will Landsmann Kjetil Jansrud festhalten. Der 31Jährige gewann vor dem Südtiroler Peter Fill auch das zweite Speedrenne­n der Saison und verblüffte mit dem Geständnis, dass er bei seinen Siegesfahr­ten noch nicht „volles Risiko“gegangen sei.

Solche Aussagen müssen in den Ohren der Österreich­er wie Hohn klingen. „Wir fahren hinterher, das muss man so sagen“, weiß Mayer. „Wir geben zu wenig Gas.“

Hoffnung Hirscher

Nach dem Speed-Debakel liegt’s nun also wieder einmal an Marcel Hirscher, die Seele der Ski-Nation zu trösten. Im Riesentorl­auf in Val d’Isère (10 bzw. 13 Uhr, live in

ist der Salzburger der Topfavorit. 2009 hatte Hirscher dort sein erstes Rennen gewonnen – allerdings auf der steilen Face de Bellevarde und nicht auf der Piste Oreiller-Killy. Insgesamt hält er schon bei vier Riesentorl­auf-Siegen in Val d’Isère.

21. Franz +2,00, 24. Reichelt +2,05, 26. Striedinge­r +2,25, 29. K. Kröll (alle AUT) +2,50. – 1. Hirscher (AUT) und Jansrud je 200, 3. Svindal 140. – RTL in Val d’Isère (Sonntag, 10/13 Uhr).

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Viel Luft nach oben: Matthias Mayer war in der Abfahrt von Val d’Isère als 17. der beste Österreich­er. „Wir fahren alle hinterher, das muss man so sagen“

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