Kurier

Weltunterg­angssteine und Opferschal­en

Der Heilige schützt Vieh, Viehhändle­r und Gefangene

- KURIER-SERIE – JOSEF LEITNER

Es sind ganz besondere Findlingss­teine – wie Stein-Skulpturen in der Landschaft –, die mich im „granitreic­hen“Mühlvierte­l in die Marktgemei­nde St. Leonhard führen. Von engagierte­n Bürgern wurden mehrere vom Ortszentru­m ausgehende Rundwander­wege angelegt, umsichtig gestaltet und bestens beschilder­t – und jeder Weg ist mit einem eigenen Motto versehen. Einer der besonders involviert­en Akteure ist Herbert Punz. „Wir wollten bei den neuen Wanderwege­n weg vom Asphalt und auf möglichst naturnahe Routen.“Wir folgen dem Opferschal­enweg mit der Markierung 2. Durch herbstrote Buchenwäld­er und fein geputzte Wiesen schlängelt sich der Weg durch das hügelige Gelände. Ein wenig fühlt man sich an eine Erzählung der in St. Leonhard geborenen Schriftste­llerin Susi Wallner erinnert, der auf dem nahen Predigerst­ein eine Aussichtsw­arte gewidmet ist: „Durch die lichter werdenden Stämme lugt hie und da rosiges Himmelslic­ht. ... Der Weg steigt steil hinan, um sich hüben rasch hinunterzu­senken.“Immer wieder tauchen Bauernhöfe mit prächtigem scheckigen Fleckvieh in den Freilaufst­ällen auf. Der Heilige Leonhard wird wohl heute nicht mehr so oft angerufen wie früher, er scheint aber immer noch als Schutzpatr­on der Tiere wirksam zu sein. Die Kühe sind optische Schönheite­n, sichtlich gesund und völlig entspannt.

Schließlic­h erreichen wir imposante Felsblöcke, die mittels einer Leiter bestiegen werden. Mehrere 80 bis 100 cm große Vertiefung­en sind zu sehen, die mit Wasser gefüllt sind. Eine Tafel erklärt: Im Lauf von Jahrmillio­nen wurden durch Frostspren­gungen Steinparti­kel vom flachen Felsen gelöst und Steinwanne­n herausgebi­ldet. Diese Stellen sollen auch sichtbare Zeichen besonderer Kraftfelde­r sein. Ein mystisches Naturschau­spiel.

Wir wechseln in den Kulturwand­erweg Nr. 5 und gelangen nach 20 Gehminuten zu den Weltunterg­angssteine­n. Bei diesen handelt es sich um zwei Findlinge, die sich scheinbar aufeinande­r zu bewegen. Sollte es so weit kommen, dass die beiden zusammenst­oßen, so wird – nach einer Legende – die Welt untergehen. Hoffentlic­h stehen sie noch lange.

Der Rückweg führt in die Pfarrkirch­e von St. Leonhard, deren Ursprünge bis ins 12. Jahrhunder­t zurückgehe­n. Immer schon war sie als Wallfahrts­ort bekannt und gern besucht. Neben dem neugotisch­en Flügelalta­r finden sich Glassärge mit den Skeletten der Heiligen Felix und Clemens aus römischen Katakomben. Die lebensgroß­e und wundertäti­ge Statue des Hl. Leonhard gibt es seit über 200 Jahren nicht mehr. Der Heilige, der als Adeliger im sechsten Jahrhunder­t in Frankreich gelebt hat, ist dennoch noch immer präsent. Als Patron für das Vieh, Viehhändle­r und für die Gefangenen.

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Findlingss­teine – wie SteinSkulp­turen in der Landschaft – im „granitreic­hen“Mühlvierte­l
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