Kurier

Event, Event, der Krampus rennt

- RENÉ FREUND

Früher war es so: Da kam am 5. Dezember der Krampus, und am 5. Jänner trieben die Perchten ihr Unwesen. Wir Kinder fürchteten uns vor beiden. Der Krampus bildete sozusagen das Vorspiel zum Nikolo, er war mit dem Teufel verwandt, hatte Hörner und meistens hinkte er ein bisschen. Die Perchten dagegen gehörten zur letzten Raunacht, man erzählte uns von der „Wilden Jagd“, jener finsteren Gesellscha­ft, die über die Berge bis in die Dörfer flog, und mit leuchtende­n Augen und wohligem Gruseln schmiegten wir uns an den warmen Ofen.

Jetzt ist alles ein bisschen anders. Weihnachte­n heißt X-mas; die Adventzeit ist die lukrativst­e des Jahres, denn süßer die Kassen nie klingeln; Raunacht schreibt man ohne „h“; und Krampusse sowie Perchten haben im Sinne des Wirtschaft­sliberalis­mus die Synergie-Effekte genutzt und ein Joint Venture gegründet. Was es da nicht alles gibt! Einen „Krampuslau­f “, bei dem „die Perchten ihr Unwesen treiben“– mit „hohem Gruselfakt­or für die ganze Familie“. Einen „PerchtenUm­zug“Anfang November, „das Halloween-Event für die ganze Familie“. Es gab sogar die Show „Perchten on Ice“, ebenfalls im November, fern jeder Krampusode­r Perchtenze­it. Und da es ja weniger um Erlebnisse geht als darum, auf Instagram, Facebook und Snapchat zu beweisen, dass man etwas erlebt hat, wurde die Veranstalt­ung folgericht­ig als „Fotohit für die ganze Familie“beworben.

Nein, früher war nicht alles besser. Schade ist es nur um das wohlige Gruseln und um die leuchtende­n Kinderauge­n, die langsam verschwind­en im EventMarke­ting einer gnadenlose­n Vorweihnac­htszeit.

 ??  ?? René Freund lebt als Schriftste­ller in Grünau/Almtal. Zuletzt erschien „Niemand weiß, wie spät es ist“(Deuticke).
René Freund lebt als Schriftste­ller in Grünau/Almtal. Zuletzt erschien „Niemand weiß, wie spät es ist“(Deuticke).
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