Warum die Meyer-Zitrone bei Genießern und Spitzenköchen so beliebt ist
Die Meyer-Zitrone begeistert Spitzenköche ebenso wie Genussmenschen. Dieser aromatische Vertreter der Zitrusfrucht-Familie ist jetzt nur kurze Zeit in Saison
Unvergleichlich. Aromatisch. Komplex. Wer mit Fans der Meyer-Zitrone spricht, hört unweigerlich diese Attribute. Seit etwa drei Jahren herrscht um diese aus den USA stammende Sorte ein richtiger Hype. Der Grund dafür liegt vor allem in ihrem besonderen Geschmack, der deutlich vom typischen Zitronenaroma abweicht – und in ihrer relativ kurzen Verfügbarkeit am heimischen Markt.
„Kulinarisch ist sie auf jeden Fall eine Spezialität. Sie gehört für mich zu den besten Zitrusfrüchten überhaupt“, sagt die Kulinarikjournalistin und Kochbuchautorin Katharina Seiser. „In den USA ist sie aus guten Gründen so beliebt.“Die da wären: eine milde Säure durch die Kreuzung aus Zitrone mit Orange bzw. Mandarine (so genau lässt es sich nicht eruieren), viel saftiger als übliche Sorten und eine dünne Schale, die sich hervorragend ebenfalls verarbeiten lässt.
Milde Säure
Diese Eigenschaften schätzt auch Heinz Reitbauer, Küchenchef im Steirereck. „Die MeyerZitrone ist seit einigen Jahren unsere bevorzugte Zitrusfrucht.“Es sind der „ausdrucksstarke Geschmack“und die „milde Säure“, die ihn begeistern. Dazu kommen „typisch mandarinenartige Anklänge und leichte Kräuter-Aromen“. Man erkenne sie daher sofort. Besonders das Aroma der Schale hat es Katharina Seiser angetan. „Es ist komplexer als bei normalen Zitronen – nicht nur eine typische Zitronen-Spitze, sondern auch eine feine Thymian-Note.“
Im Steirereck werden die runden Früchte mit der glatten, orangefarbenen Schale und dem dunkelgelben Fruchtf leisch unterschiedlich eingesetzt. Frisch in süßen Speisen wie Zitronencreme oder -tarte ebenso, wie in pikanten. „Die Säure ist ein ergänzendes Würzmittel.“Für den Rest des Jahres wird der vielschichtige Geschmack der Meyer-Zitrone konserviert: Trocknen, einlegen, einsalzen und fermentieren.
Reitbauer bezieht seine Früchte aus Schönbrunn, wo in der historischen Zitrussammlung auch einige Meyer-Zitro- nen-Bäume wachsen. Massen habe man aber keine, betont der dortige Zitrus-Experte Heimo Karner. Ihn fasziniert weniger die kulinarische Vielfalt, als ihr botanischer Wert. „Sie ist eine durch ihr dichtes Laub und die harmonische Fruchtform sehr dekorativ und relativ robust.“Trotz Haupterntezeit lässt er immer einige Zitronen am Baum. „Wir sind eine Sammlung, die wir auszubauen versuchen.“
Die Ur-Meyer-Zitrone entdeckte der Amerikaner Frank Meyer in China und brachte sie 1908 nach Kalifornien mit. Traditionell sind sie in den USA ab Jänner reif, diese Früchte erreichen aber nicht Europa. Die derzeit in Österreich erhältlichen Meyer-Zitronen (etwa in manchen Bio-Supermärkten) stammen aus der Türkei, wo man sie aufgrund ihrer guten Erträge nutzt. Bei uns lässt sich mit ihnen zudem die Zwischensaison gut überbrücken, bis dann demnächst die frischen italienischen Zitronen erhältlich sind.
In der Küche verleihen Meyer-Zitronen allen Gerichten, für die man auch sonst Zitronen verwendet, eine besondere Note. Zum Beispiel süßen Klassikern wie Kuchen oder Cremen. „Einem fetten Mascarpone stehen die Meyer-Aromen besonders gut“, sagt Katharina Seiser. Sie aromatisiert derzeit auch KeksTeige mit Meyer-Zitronen und sogar ein Salat mit gekochten Bohnen profitiert von den feinen Zitrusnoten. Nur für die Herstellung von italienischen Zitronenlikör Limoncello sollte man bei echten Zitronen bleiben, rät sie. „Der braucht richtige Säure.“