Cybercrime: Gefahr
Internet-Kriminalität. Zahl der angezeigten Straftaten steigt, Betrugsfälle deutlich häufiger als Hackerattacken
im Internet wächst
Die Kriminalität im Netz hat sich mit 10.000 Delikten in den vergangenen zehn Jahren verdreifacht.
Mit 10.000 Delikten pro Jahr hat sich die Internetkriminalität in den letzten zehn Jahren verdreifacht. Der jährliche Gesamtschaden von rund einer Milliarde Euro bedeutet, dass Cyberkriminelle in Österreich mittlerweile drei Mal höhere Schäden verursachen als Naturkatastrophen.
Der Jahresvergleich zeigt, dass die Zahl der angezeigten Fälle zuletzt wieder gestiegen ist ( siehe Grafik). Wiewohl die Auf klärungsquote im Vorjahr nur eine Spur besser war als 2014, gelangen den Ermittlern einige schöne Erfolge im Kampf gegen die Kriminalität im Internet. Vor allem in der Bundeshauptstadt ist die Zahl der geklärten Fälle deutlich gestiegen. Allerdings ist Wien ein Hotspot der Szene: Etwa ein Drittel aller österreichischen Fälle wird hier angezeigt.
Private im Visier
Jüngst beherrschten ausländische Hackerangriffe auf Außen- und Verteidigungsministerium oder die Deutsche Telekom die Schlagzeilen. Der Großteil aller Schadensfälle betrifft allerdings Privatpersonen. Drei Viertel aller Delikte umfassen klassische Betrugsfälle, bei denen das Internet nur als Medium für eine kriminelle Handlung dient. Das beweist auch ein Blick in die BKA-Auswertung, die dem KURIER vorliegt. So wurden beispielsweise im Burgenland 2015 nur zwei Fälle von Cybercrime im engeren Sinn angezeigt – also etwa Hacker-, Viren- oder Trojanerattacken. 95-mal erstatteten Burgenländer aber Anzeige, weil sie etwa auf falsche afrikanische Prinzen, gefälschte Zahlungserinnerungen oder Dutzende andere eMail-Betrügereien hereingefallen sind.
Ein anderer Trend ist ebenfalls besorgniserregend. „Erpressungstrojaner sind derzeit ein Massenphänomen“, sagt Leopold Löschl (siehe Zusatzbericht unten). Der Leiter des Cybercrime Competence Centers (C4) im Bundeskriminalamt hat „zwei Handvoll“Spezialisten um sich geschart und macht Jagd auf die Täter.
Darknet
In den ersten vier Monaten des heurigen Jahres wurden Löschl und seinem Team etwa 300 Fälle gemeldet. „Aktuell bekommen wir etwa 40 Fälle pro Woche herein. Tendenz steigend.“Der Grund für den rasanten Anstieg dieser Form der Straftat ist im Dar- knet zu suchen. „Das Geschäftsmodell wird dort als Servicetool angeboten“, weiß Cybercop Leopold Löschl. Somit könnte jedermann – gegen entsprechendes Entgelt versteht sich – Ransomware erstehen und dann einsetzen. Löschl: „Früher hat ein Cyberkrimineller neben der kriminellen Energie auch entsprechendes technisches Wissen gebraucht. Das ist heute kaum mehr nötig. Das verbreitert das Problem.“
Beim Thema Cybercrime kooperiert auch der Zivilschutzverband (ZSV) mit Löschls Abteilung, lässt Vortragende entsprechend schulen. Laut ZSV-Präsident Johann Rädler bleibe es zwar jedem Bürger persönlich überlassen, welche eMail-Anhänge er öffnet oder welchen Angeboten er vertraut. Österreichs oberster Zivilschützer will aber schon bald mehr Initiativen für Sicherheit im Netz sehen. „Klar ist, dass wir über kurz oder lang eine Art Straßenverkehrsordnung für das Internet brauchen“, sagt Rädler im Gespräch mit dem KURIER. Deepweb oder Darknet seien rund 500 Mal so groß, wie das klassische Internet – ohne Regeln und staatliche Handhabe. „Es kann nicht sein, dass wir hier rechtsfreie Räume zulassen. Während man einen Schwarzmarkt irgendwo auf der Straße in der Sekunde schließen würde, lassen wir das im Internet seit Jahrzehnten einfach so zu. Dort werden gehackte Webcams für wenige Euro verkauft“, verweist Rädler auf die steigenden Gefahren.