Kurier

„Ich bin unendlich traurig, dass es nicht geklappt hat“

Der Wahlsonnta­g für den blauen Kandidaten begann mit einem Beinbruch – und endete im Tief

- – IDA METZGER

Die ersten Signale für den schwarzen Sonntag zeichnen sich schon in den Morgenstun­den ab. Die TV-Teams harren bei eisigen minus acht Grad vor dem Haus von Norbert Hofers aus. Alle sind sie da, selbst der TV-Sender HBO, der Erfolgsser­ien wie Game of Thrones produziert, ist aus den USA in das burgenländ­ische Pinkafeld angereist. Doch statt Norbert Hofer taucht unerwartet Mutter Gertraud auf. Auf Krücken schleppt sie sich zum Auto. Ihr Bein ist stark angeschwol­len. „Meinem Sohn habe ich meinen Unfall verheimlic­ht. Ich will ihn nicht beunruhige­n“, zeigt sich Mutter Hofer rücksichts­voll.

„Hart im Nehmen“

Von dem Malheur erfährt Hofer erst kurz vor dem Kirchgang. Die Diagnose: Beinbruch mit Liegegips bis Mitte Jänner. Ob das wohl ein schlechtes Omen für den Wahltag ist? Davon will der FPÖler nichts wissen. „Meine Mutter ist hart im Nehmen, so wie ich“, schmettert er die Fragen ab. Da weiß Hofer noch nicht, dass seine Nehmerqual­itäten am Wahlsonnta­g noch auf die Probe gestellt werden. Noch gibt es für den FPÖ-Kandidaten, der auf Gottes Unterstütz­ung setzte, keinen Grund für Zweifel.

Vor der evangelisc­hen Kirche winken euphorisch­e Hofer-Fans ihrem Kandidaten zu. „Wir wünschen dir viel Glück“, rufen sie ihm zu. Hofer lacht, winkt, schickt ihnen Küsse und zieht zum Gottesdien­st in die Kirche ein.

Zufall oder nicht, stellt ausgerechn­et der evangelisc­he Pfarrer Martin Schlor am Wahlsonnta­g die Symbole der Macht in den Fokus seiner Predigt. Er mahnt Demut ein. „Heute wird der US-Präsident in einer sündteuren Limousine chauffiert. Jesus hingegen zog auf einem Esel statt auf einem königliche­n Tier nach Jerusalem ein.“

Der blaue Hof burgkandid­at lauscht den Worten in den hinteren Reihen ders Gotteshaus­es – und rauscht nach der einstündig­en Messe in einem noblen Audi Q7 in Richtung Wahllokal ab.

Noch demonstrie­rt Hofer Lockerheit. Auch als er in seinem Stammlokal, dem Zapf- elwirt, der vis-à-vis von Hofers Eigenheim liegt, ankommt. Grinsend zeigt Hofer den Journalist­en eine SMS von Parteichef Heinz-Christian Strache, der ihm viel Glück wünscht.

„Heute bin ich ruhiger“

„Offenbar gibt es in Wien eine hohe Wahlbeteil­igung. Heute bin ich ruhiger als beim Wahlsonnta­g im Mai“, lautet die Eigendiagn­ose. Der emotionale Zustand hält nicht lange. Die Nervosität wächst sichtbar. Die Stimmung kippt. Hofer ordert Suppe und ein gebratenes Zanderfile­t. Am Mittagstis­ch blickt er ununterbro­chen angespannt auf das Handydispl­ay. Sein Kopf zieht zunehmend eine hochrote Farbe auf. Noch während des Mittagesse­ns setzt der FPÖler ein Posting auf Facebook ab, mit der Bitte, doch zur Wahl zu gehen. Er appelliert: „Es geht heute um Österreich.“

Was war passiert? Kennt er etwa schon einige Ergebnisse aus den Gemeinden? „Nein, wir wissen gar nichts.“

Wenn es keine Fakten waren, dann hatte Hofer schon in den Mittagsstu­nden eine böse Vorahnung.

Als Hofer die Niederlage dann schwarz auf weiß hat, lässt er seinen Emotionen freien Lauf: „Ich bin unendlich traurig, dass es nicht geklappt hat. Ich hätte sehr gerne auf unser Österreich aufgepasst.“

Nachdem der erste Schock verdaut, die 12-jährige Tochter Anna-Sophie getröstet ist, packt Hofer jene Nehmerqual­itäten aus, die er schon am Morgen angepriese­n hat – und kündigt mutig an: „Ich werde in sechs Jahren wieder antreten.“

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Beim Mittagesse­n kippt die Stimmung. Der fröhliche Norbert Hofer wird sichtbar nervöser, blickt unentweg auf sein Handydispl­ay
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Norbert Hofer warb mit „So wahr mir Gott helfe“. Nach dem Kirchgangs, war Gottes Hilfe nicht auf Hofers Seite

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