„Ganz Europa fällt ein Stein vom Herzen“
Berlin und Brüssel erleichtert, FN-Chefin Le Pen und Geert Wilders danken Hofer
In Deutschland war man besonders gespannt. „Schicksalswahl“und „Tag der Entscheidung“schrieben die Medien am Tag der Wahl – die Entscheidung zwischen dem „stramm nationalen“Norbert Hofer und dem „bedächtigen Professor“, wie die gesschau schrieb, interessierte das Land aus Eigeninteresse: Die AfD begreift die FPÖ schließlich als Vorbild – und Österreich war immer schon als „Versuchsstation für den Weltuntergang“, wie Karl Kraus einst schrieb.
Dementsprechend erleichtert fielen die Reaktionen aus. „Ganz Europa fällt Stein vom Herzen!“, twitterte SPD-Chef Sigmar Gabriel; er nannte den Wahlausgang einen „klaren Sieg der Vernunft“. Auch die deutschen Grünen feierten, dass „Weltoffenheit und Toleranz haben sich durchgesetzt“hätten. Aus dem Kanzleramt kam noch keine offizielle Reaktion; traditionellerweise erledigt man das ohne viel öffentliches Aufsehen – man kann aber davon ausgehen, dass auch bei Angela Merkel die Erleichterung groß war.
Ähnliche Töne kamen aus Rom und Paris. „Populismus ist kein unabwendbares Schicksal“, twitterte Frankreichs Premier Manuel Valls, Italiens Ex-Premier Enrico Letta, der während seiner Amtszeit stets mit Silvio Berlusconi zu kämpfen hatte, sagte, der „Marsch des nationalistischen Populismus“sei „nicht unbremsbar“. Zeit- gleich ist man sich aber in Europas Hauptstädten im Klaren darüber, dass mit der Wahl nicht alle Probleme aus der Welt sind. Dies sei „keine Entwarnung“, mahnte SPDGeneralsekretärin Katharina Barley. „Wir müssen Populisten die Stirn bieten & sie entlarven!“twitterte EVP-Fraktionschef Manfred Weber.
Marine Le Pen, die ja als Chefin des Front National im Frühjahr nach dem französischen Präsidentenamt greift, stimmte dem nur zu – sie sah Hofers Niederlage nicht als Rückschlag. „Die nächsten Parlamentswahlen wird die FPÖ gewinnen!“, schrieb sie; und auch der Niederländer Geert Wilders, der sich ebenso im Frühjahr zur Wahl stellt, zollte Hofer Respekt – „mutig gekämpft“, schrieb er auf Deutsch. Allein von der AfD kam keine Reaktion. Sie ließ Hofer lediglich vor der Wahl ihre Glückwünsche ausrichten.
Dass Hofers Niederlage nur ein kurzes Durchatmen vor den nächsten Erfolgen von Europas Rechtspopulisten ist, sehen auch selbst viele Kommentatoren so. „Es will schon was heißen, dass wir das Faktum feiern, dass nur 46 Prozent der Wähler eines europäischen Landes für einen Rechts-außen-Kandidaten gestimmt haben“, schreibt etwa Owen Jones vom britischen Guardian. Auch Thomas Walde vom
ist ähnlicher Meinung: „Aufatmen ist aufschlussreich. Es zeigt den Ernst der Lage“, schreibt er.
Auffallend ist bei der Durchschau der Medien allerdings, dass der Blick von außen offenbar immer strengere ist als jener von innen. In Frankreich, wo der Front National auch schon seit Jahren reüssiert, nennt die Zeitung Le Monde Norbert Hofer etwa gar „Galionsfigur der konservativen Revolution“in Europa; der britische Independent schrieb, dass mit ihm „die erste Rechts-außen-Führungsfigur seit Hitler“an die Macht käme. Auch die York Times, die ausführlich berichtete, titelte ähnlich.
„Du leiwandes Ding“
In Deutschland, wo der Aufstieg der FPÖ ja seit Jahren argwöhnisch betrachtet wird, kamen die Hitler-Vergleiche nur aus der SatireEcke – wenngleich man auch hier auch immer eine Differenz zwischen AfD und FPÖ sieht: Die Freiheitlichen werden durchgehend „rechtsextrem“genannt, die AfD hingegen „rechtspopulistisch“.
Die großen Medien kommentierten den Wahlausgang zurückhaltend-positiv. „Schöner Verdacht: Österreicher doch bei Trost“, schrieb etwa Nikolaus Blome, stellvertretender Chefredakteur der Bildzeitung. Die linke Tageszeitung freute sich mit Augenzwinkern: „Österreich, du leiwandes Ding. Hauptsache, der Kleber hält.“