Kurier

Zwei Jahre Pegida: „Image der Stadt ist beschädigt“

Stadtpolit­ikerin Kristin Kaufmann sieht Rechtspopu­listen Richtung Bundestags­wahl 2017 weiter auf dem Vormarsch

- T. SENDLHOFER

Die sächsische Hauptstadt Dresden ist wegen der Kundgebung­en der sogenannte­n Patriotisc­hen Europäer gegen die Islamisier­ung des Abendlande­s, kurz Pegida, seit zwei Jahren regelmäßig in den Schlagzeil­en. Kristin Kaufmann, Sozialbürg­ermeisteri­n der Stadt ( vergleichb­ar mit einer Stadträtin, Anm.), war vergangene Woche bei einer Extremismu­s-Tagung im Bildungsze­ntrum St. Virgil in Salzburg zu Gast. Sie sprach mit dem KURIER über die Auswirkung­en auf die Stadt. KURIER: Um die Pegida-Kundgebung­en ist es in den österreich­ischen Medien recht ruhig geworden. Wie präsent ist diese Bewegung noch in Dresden? Kristin Kaufmann: Das Außenimage der Stadt ist nachhaltig beschädigt. Der Tourismus geht zurück. Die Reputation als weltoffene Kulturstad­t hat gelitten. Es kommen weniger Studierend­e aus dem Ausland. Da demonstrie­ren nach wie vor zwischen 2000 und 2500 „besorgte Bürger“in der Innenstadt. Die besetzen Plätze und folgen einer Person (Lutz Bachmann, Anm.), die jetzt gerade wegen Volksverhe­tzung vor Gericht gestanden ist. Wie geht die Stadtpolit­ik nach zwei Jahren mit Pegida um?

Wir haben unterschie­dliche Bürgerdial­oge angebo- ten. Es hat sich aber gezeigt, dass dieser Dialog gar nicht gewünscht war. Man wollte pöbeln, schimpfen. Man wollte anzweifeln, was die Fakten sind, seiner Frustratio­n freien Lauf lassen. In einer Art, bei der man von Schimpftir­aden sprechen muss. Wir überlegen dennoch, parallel nun zu diesen „Spaziergän­gen“in unterschie­dlichen Stadtteile­n zeitgleich Bürgergesp­räche anzubieten. Inwiefern sind Sie als Sozialbürg­ermeisteri­n, die für die Themen Arbeit und Wohnen verantwort­lich ist, Zielscheib­e dieser Kundgebung­en geworden?

Ein Politiker, der sich mit dieser Thematik beschäftig­t, ist natürlich im Fokus. Auch meine Person wurde über das Internet angefeinde­t. Auf Veranstalt­ungen bin ich auch verbal angefeinde­t worden. Die Echoräume in den Internetfo­ren und sozialen Medien sind aber das eigentlich­e Problem, weil man dort glaubt, dass das eigene Meinungsbi­ld das ist, was die gesamte Gesellscha­ft eint.

Pegida-Chef sieht in der AfD (Alternativ­e für Deutschlan­d) einen „natürliche­n Partner“Die Partei ist auch in Ihrem Stadtparla­ment vertreten. Wie funktionie­rt die Zusammenar­beit mit der AfD?

Die Kollegen fallen auf durch starke Reden, durch Anprangern, durch Darstellen, was alles schief läuft. Ohne aber konstrukti­v dazu beizutrage­n, dass diese Probleme abgebaut werden. In Sachsen-Anhalt ist im März gewählt worden. Die AfD ist aus dem Stand auf rund ein Viertel der Stimmen gekommen. Ein realistisc­hes Ergebnis auch bei den Bundestags­wahlen 2017?

Ich hoffe nicht, dass jeder Vierte seine Stimme den Rechtspopu­listen gibt, aber auszuschli­eßen ist es nicht. Gucken Sie sich einfach mal die Wahlergebn­isse in Deutschlan­d, aber eben auch in den USA an. Dieser Rechtspopu­lismus ist von Demoskopen nur schwer einschätzb­ar, weil der mündige Bürger aktuell den Hang dazu hat, bei Wahlumfrag­en nicht die Wahrheit zu sagen. Die Wählerscha­ft hat mit Donald Trump eine Steilvorla­ge, den notorische­n Lügner. Ich gehe davon aus, dass wir weiter diesen rechtspopu­listischen Ruck haben, auch zur Bundestags­wahl. –

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Kristin Kaufmann (Die Linke) ist seit 2015 Sozialbürg­ermeisteri­n

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