Kurier

Österreich ist anders. Vorerst jedenfalls

Die Rechte hat sich wohlgefühl­t im internatio­nalen Trend. Aber in der Alpenrepub­lik gehen die Uhren anders.

- HELMUT BRANDSTÄTT­ER

Wo ist der freundlich­e Norbert Hofer geblieben? Das haben sich viele beim letzten Streitgesp­räch am Donnerstag im ORF gefragt. Das eindeutige Ergebnis für Alexander Van der Bellen bietet zumindest eine mögliche Erklärung an: Der FPÖ-Kandidat hatte Umfragen, nach denen er zurücklag, und suchte den Erfolg in Trump-artigen Attacken. „Spion, Lügner, Kommunist“. Aber dieser Stil passt halt dann doch nicht nach Österreich. Gerade das Staatsober­haupt soll Ruhe und Würde ausstrahle­n, daran haben auch die Stärke der FPÖ in allen Umfragen und der lange Wahlkampf nichts geändert.

Demokratie ist mühsam, also beklagen wir uns nicht über Wahlkämpfe, noch dazu, wo dieser auch seine positiven Seiten hatte. Zunächst einmal wird die FPÖ nicht so schnell wieder gegen den Verfassung­sgerichtsh­of agitieren können, wie sie das ja schon getan hat. Sie hat vom Höchstgeri­cht recht bekommen, der Rechtsstaa­t hat sich bewährt, egal, ob man die Entscheidu­ng richtig oder falsch fand.

Dann hat sich die FPÖ so klar wie nie zuvor für die Europäisch­e Union ausgesproc­hen. Sie war ja gegen den Beitritt Österreich­s zur EU und hat immer wieder mit dem Austritt gespielt. Das ist nun, vorerst jedenfalls, vorbei. Hoffentlic­h schaffen wir eine öffentlich­e Diskussion, wie eine Weiterentw­icklung der EU aussehen kann, ohne dass sofort jemand Verrat ruft.

Keine falschen Hoffnungen

Und schließlic­h ist interessan­t, dass sich Österreich von dem Populismus-Trend vieler anderer Länder abgekoppel­t hat. Der Brexit hat gezeigt, dass es einem Land schadet, wenn Politiker eine wunderbare Zukunft verspreche­n und kurz darauf eingestehe­n müssen, dass sie mit erlogenen Zahlen und Argumenten aufgetrete­n sind. Und die ersten Entscheidu­ngen von Donald Trump zeigen, dass er sich um seine Wähler einen feuchten Kehricht schert und nur an seine superreich­en Buddies denkt. Außerdem suchen die Menschen Stabilität, die bringt weder der Brexit noch Trump, Van der Bellen hat sie signalisie­rt. Der Populismus ist damit noch nicht vorbei, aber er wird entzaubert.

Das soll aber keine Hoffnung für unsere Regierung sein. Sollte sie weiter streiten und dann bald wählen lassen, wird die FPÖ natürlich einen riesigen Erfolg feiern, vielleicht mit dem Wahlkampf-erprobten Norbert Hofer an der Spitze. Aber vorerst bringt es nichts, sich an die FPÖ anzubieder­n, wie das ÖVP-Klubchef Lopatka getan hat, oder sich bis zum Boden verneigen, wie der ORF-Chef. Wie überhaupt auch die An-Biedermänn­er der letzten Zeit zu den Verlierern der gestrigen Wahl gehören.

Spannend wird, wie die aggressive­n Nutzer der Sozialen Medien mit der Niederlage ihres Favoriten umgehen: endlich etwas ruhiger oder noch bösartiger? Die FPÖ hat zum Teil Einfluss auf diese Leute. Sie sollte ihn nutzen, auch zum eigenen Vorteil. Die Österreich­er wollen eine bessere Regierung, aber keinen Umsturz.

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