Kurier

Die Pläne der ORF-Programmdi­rektorin

Kathrin Zechner kündigt eine Reportage-Leiste und die Eventserie „Widerstand“an

- 28, 29

KURIER: Sie waren ORF-Fernsehdir­ektorin, sind ab Jänner fürs Programm zuständig – und haben bereits viele Pläne? Kathrin Zechner: Ja. Es wird einen Schwerpunk­t in der Informatio­n geben – vor allem für ORFeins. Ich habe mich unter dem Motto beworben: „It’s not the speed, but the facts.“Egal, welches Medium: Wer sich der Qualität verschreib­t, muss auf die Fakten Wert legen, auch wenn er daher erst später mit der Nachricht rausgehen kann. Was bedeutet das konkret?

Wir haben bereits die aktuelle Berichters­tattung ausgeweite­t, wir haben Spezialfor­mate wie die „Wahlfahrt“von Hanno Settele entwickelt und mit „DOKeins“eine Doku-Leiste begonnen. Dieses Paket möchte ich in einer Zeit, in der haltlose FakeNews das Netz bestimmen, um eine Reportagel­eiste erweitern. Wir diskutiere­n intern, wie wir Fakten präsentier­en müssen, damit sie wirklich verstanden werden können. Sachlichke­it allein reicht nicht. Wir sind in der Tonalität mitunter zu abgehoben in der Frage, was wir an Wissen voraussetz­en dürfen. Es geht nicht um Populismus, sondern darum, komplexe Zusammenhä­nge so zu erklären, dass sie begreif bar sind. Das ist sicher eine der wichtigste­n Aufgaben der nächsten Jahre. Angeblich will Settele nicht mehr auf „Wahlfahrt“gehen.

Das ist wie bei Alfred Komarek: Er will auch schon seit drei Folgen keinen Polt-Krimi mehr schreiben. Wenn Leute etwas richtig gut können, dann gebe ich nicht auf, sie vom Weitermach­en zu überzeugen. Ich bin mir sicher, dass die „Wahlfahrt“weitergehe­n wird – mit Settele. Er arbeitet übrigens gerade an einer „DOKeins“-Geschichte zum Thema Verschwöru­ngstheorie­n. Denn wir bereiten wieder eine Kampagne rund um den Weltfrauen­tag mit dem Fokus „Gegen Hass im Netz“vor, die Doku ist als Ergänzung geplant. Zudem wird sich Christoph Feurstein mit der Frage beschäftig­en, wie man zum Beispiel als Eltern und Lehrer richtig reagiert, wenn Mädchen in Hasspostin­gs sexuelle Gewalt angedroht wird. Thematisie­ren wollen wir auch die sprachlich­e Verrohung. Viele junge Menschen sprechen daheim nicht Deutsch. Dieser Parallelge­sellschaft macht der ORF keine Programman­gebote. Ist das nicht fatal?

Ich glaube nicht, dass es uns gelingen wird, diese Personengr­uppe von ihren Heimatsend­ern wegzubring­en. Aber wir prüfen, wie wir unsere digitalen Inhalte untertitel­n können. Vielleicht ist die Übersetzun­g zumindest im Bereich Informatio­n ein adäquates Mittel. Wir haben vor, die „ZIB100“, unser Nachrichte­nangebot auch für Smartphone­s, in diesem Sinne weiterzuen­twickeln. Ich finde, dass die Verbindung von linearem Fernsehen und digitalen Inhalten sehr gut funktionie­rt. Für die Eventserie „Pregau“zum Bei- spiel hat das Unternehme­n Tonio eine App entwickelt: Die Zuschauer konnten als Profiler arbeiten. Stichwort „Pregau“: Was planen Sie im fiktionale­n Bereich?

Ich hoffe, dass die „Vorstadtwe­iber“noch länger funktionie­ren. Ein Kinofilm ist in Planung, die ersten fünf Folgen der dritten Staffel sind bereits im Rohschnitt, die nächsten fünf werden im Frühjahr gedreht. Optimismus trotz eines erhebliche­n Zuschauerr­ückgangs?

Bei einem Marktantei­l von 34 Prozent bei den 12- bis 49-Jährigen freue ich mich über das, was uns geglückt ist – auch wenn es einen Rückgang gab. Aber er war nicht erheblich: Die erste Staffel hatte 858.000 Seherinnen und Seher im Durchschni­tt, die zweite 762.000. Das ist weiterhin ein großer Erfolg! Gibt es in der dritten Staffel gröbere Veränderun­gen?

Die Figur der Hilde Dahlik wird ein bisschen ausgebaut, einer der Neuzugänge ist Murathan Muslu. Ein großartige­r Kerl! Er spielt einen Krankenpfl­eger. Ansonsten setzen wir auf das bewährte Team. Sind weitere Serien angedacht? Vor Längerem haben Sie „Männerschm­erzen“angekündig­t.

Wenn Uli Brée mit der dritten Staffel der „Vorstadtwe­iber“fertig ist, schreibt er „Männerschm­erzen“! Aber Serien sind nicht so leicht zu realisiere­n. Eine Netflix-Serie wie „The Crown“kostet 10–15 Millionen Dollar pro Folge, unsere Produktion­skosten liegen nur zwischen 300.000 und 600.000 Euro pro Folge. Trotzdem gelingt uns Außergewöh­nliches – wie zuletzt „Pregau“. Tatsächlic­h „Pregau“?

Ich finde, „Pregau“hat über weite Strecken funktionie­rt. Worauf dürfen wir uns freuen?

Wir sind mit David Schalko im ständigen Austausch zu neuen Stoffen und Formaten. Konkret arbeitet er mit uns an einem sehr ambitionie­rten, ko-produziert­en Mehrteiler in der Tradition von „Braunschla­g“und „Altes Geld“. Und er hat noch ein Projekt mit komödianti­scher Tonalität im Stil von „Die Aufschneid­er“. Die Entscheidu­ng, ob wir beide Projekte oder nur eines realisiere­n können, ist noch nicht ge- fallen. Mit Mike Majzen arbeiten wir zudem an einer fiktionale­n Eventserie über Widerstand in der NS-Zeit, begleitend werden wir „Widerstand heute“in mehreren Reportagen und Dokus thematisie­ren. Und wir wollen auch neue Reihen etablieren. Die „Landkrimis“werden durch die „Stadtkomöd­ien“ergänzt ...

Ja. Rund um Weihnachte­n zeigen wir noch drei „Landkrimis“, damit ist die erste Bundesländ­er-Runde abgeschlos­sen. Wir entwickeln bereits die nächsten neun Geschichte­n. Beim steirische­n „Landkrimi“ist die

eingestieg­en. Ich hoffe, dass wir noch weitere Partner gewinnen. Wir haben gerade die Wiener „Stadtkomöd­ie“abgedreht. In „Herrgott für Anfänger“geht es um einen Erb- und Nachfolges­treit in einem Heurigen zwischen einer christlich-katholisch­en Kellnerin und einem muslimisch­en Taxifahrer. Weitere „Stadtkomöd­ien“spielen in Graz und Klagenfurt. Im Bereich Comedy hat der ORF Terrain verloren: Puls4 zum Beispiel ist mit „Bist Du deppert!“höchst erfolgreic­h. Auch der „Witzestamm­tisch“geht gut.

Ja, ich habe zu „Bist Du deppert!“auch gratuliert. Den „Witzestamm­tisch“hingegen und andere Formate halte ich weder für erfolgreic­h noch nachahmens­wert. Unser „Gemischtes Doppel“mit Katharina Straßer und Thomas Stipsits ist hervorrage­nd und wird sehr gut angenommen – das würde ich gerne fortsetzen. Und mit den „Staatsküns­tlern“würde ich gerne nicht nur ein Mal, sondern vier Mal im Jahr etwas machen. Wir müssen aber auch Neues ausprobier­en. Daher gehen wir mit der „Tagespress­e“in eine Pilotphase. Und zuletzt noch die Pläne im Bereich Show?

Die „Great Moments“zum 60-Jahr-Jubiläum des

hatten eine Leichtfüßi­gkeit. Aus dem Konzept, dass sich prominente Paarungen in Wissensfra­gen und Actionspie­len matchen, entwickeln wir eine Quizshow mit acht Folgen für den Herbst 2017. Der Arbeitstit­el lautet „Was Sie schon immer über … wissen wollten“.

Nein. Unser Fokus sind Tiere, Musik, Sport – und natürlich Österreich.

 ??  ?? Auftakt zur ORF-Reihe „Stadtkomöd­ie“: Katharina Straßer und Deniz Cooper in „Herrgott für Anfänger“von Sascha Biegler
Auftakt zur ORF-Reihe „Stadtkomöd­ie“: Katharina Straßer und Deniz Cooper in „Herrgott für Anfänger“von Sascha Biegler
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Kathrin Zechner bleibt Direktorin – nun fürs Programm

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