Milliarden-Entlastung & EU-Präambel für FPÖ
Burgenlands Landeschef präzisiert Kriterien für künftigen Regierungspakt im Bund
Ex-SPÖ-Kanzler Franz Vranitzky missfällt die Debatte über künftige Regierungskonstellationen im Bund. SPÖ und ÖVP redeten über eine „Öffnung zu anderen Koalitionen“und sagten gleichzeitig, dass nicht vorzeitig gewählt werde. – „Wenn es in absehbarer Zeit keine Wahl gibt, stellt sich die Koalitionsfrage nicht, und die Koalitions-Debatte ist unnütz“, sagte Vranitzky dem KURIER.
Burgenlands SPÖ-Landeshauptmann Hans Niessl, der die Bundespartei ja zu einer Öffnung gegenüber den Freiheitlichen drängt, ist anderer Ansicht: „Ich sehe den Auftrag von unserem Bundesvorsitzenden Christian Kern, einen Kriterienkatalog für zukünftige Koalitionen zu erarbeiten. Und dieser Auftrag ist gut.“
Entlastungsbedingung
Erneut nennt Niessl, der mit den Blauen regiert, „soziale Gerechtigkeit“als eine der Bedingungen für einen Bündnis nach der Nationalratswahl. Seine Vorstellungen sind schon präzise. Er will erneut eine Steuerreform mit einem Volumen von fünf Milliarden Euro. Davon profitieren sollten Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen. Niessl nennt als dahingehendes Limit die ASVG-Höchstbemessung, das sind rund 4800 Euro brutto. Wer derzeit keine Steuern bezahlt, solle über Negativsteuern entlastet werden. Niessl ist überzeugt davon, „dass das eins zu eins in den Konsum geht“.
Wie soll das finanziert werden? „Durch eine moderate Vermögensbesteuerung. In Österreich ist diese niedrig. Da sollten wir in das EU-Mittelfeld aufschließen.“Was möchte er konkret? Österreich sollte sich „am deutschen und schweizerischen Modell orientieren. Arbeitsplätze in Unternehmen sollten dadurch aber nicht gefährdet werden.“
Bis zu Koalitionsgesprächen will Niessl nicht unbedingt warten. Auf die Frage des KURIER, wann die Entlastung greifen sollte, sagt Niessl: „Möglichst bald.“
Die ÖVP verwahrt sich nach wie vor gegen höhere Vermögenssteuern, auch FPÖChef Heinz-Christian Strache hat kürzlich kundgetan, dass ihn „Steuerbelastungsideen“– Vermögens- Maschinen-, Erbschaftssteuer – von Christian Kern inhaltlich trennen. Dennoch schwärmt Niessl von Straches Statthal- tern im Burgenland, mit denen er regiert. Die Bilanz sei hervorragend: „Wir haben einen Nächtigungsrekord mit mehr als drei Millionen in diesem Jahr. Im Jahresdurchschnitt hatten wir mehr als 100.000 Beschäftigte – so viele wie noch nie. Das Wirtschaftswachstum beträgt im Österreich-Schnitt 0,9 Prozent, im Burgenland werden wir heuer wieder bei über zwei Prozent sein. Die Armutsgefährdung liegt in der EU bei 16 Prozent, in Österreich 14 Prozent, im Burgenland bei weniger als zehn Prozent.“
Teilt Niessl Franz Vranitzkys Befund, dass es Strache verabsäume, sich von den Rechtsdemagogen zu distanzieren, „die das europäische Integrationswerk zerstören wollen“? Auch da verweist der Landeshauptmann auf seine Kooperation mit den Freiheitlichen im Burgenland: „Die FPÖ bekennt sich in einer Vorbemerkung im Koalitionspakt klar zur EU, gegen Antisemitismus, Radikalismus, Extremismus und zu unseren Volksgruppen. Das kann man im Bund in ähnlicher Form machen.“