Kurier

Türkei-Verhandlun­gen: Kanzler Kern verteidigt die Linie von Außenminis­ter Kurz

Heute, Donnerstag, überschatt­et der Streit über die Beitrittsg­espräche mit der Türkei das Treffen der EU-Staats- und Regierungs­chefs.

- AUS BRÜSSEL MARGARETHA KOPEINIG

Erleichter­t dürfte Bundeskanz­ler Christian Kern wohl das Einladungs­schreiben zum EU-Gipfel gelesen haben: Beitrittsv­erhandlung­en mit der Türkei stehen nicht auf der Tagesordnu­ng.

Trotzdem: Die Blockadeha­ltung „seines“Außenminis­ters Sebastian Kurz, der ein Einfrieren der Gespräche fordert, ist vielen EU-Granden unverständ­lich, sie verlangen Antworten vom Kanzler. Selbst Kerns Parteifreu­nd, Deutschlan­ds Chefdiplom­at Frank-Walter Steinmeier, sprach von „nicht verantwort­ungsvoller Außenpolit­ik“.

Doch alle, die auf Antworten des Kanzlers warten, werden enttäuscht sein. Er verteidigt Kurz. „Im Sinne der europäisch­en Grundwerte gibt es derzeit keine Möglichkei­t für einen Beitritt.“Der Beitritt sei jetzt zwar nicht die Frage, dennoch betonte er gestern, dass „die Bundesregi­erung die Linie des Außenminis­ters teilt“. Die Türkei sei aber ein wichtiger Partner bei Migra- tion und Wirtschaft. Vertreter der Wirtschaft, wie der Brüssel-Repräsenta­nt der Industriel­lenvereini­gung, Gernot Haas, plädierten dafür, „die Gespräche mit der Türkei nicht abzubreche­n“.

Der Streit über die TürkeiBeit­rittsverha­ndlungen wird den EU-Gipfel überschatt­en. „Wir wandern auf einem Minenfeld“, sagt ein EU-Diplomat.

Für Sprengstof­f dürfte auch der Punkt „Migrations­politik“sorgen: Ungarn und Italien fordern, die Umverteilu­ng von Flüchtling­en, die ja ohnehin schlecht funktionie­rt, zu stoppen und dafür Aufnahmeze­ntren in Nordafrika zu errichten. „Wir werden Italien in der Flüchtling­skrise nicht alleine lassen“, versprach EU-Kommission­schef Jean-Claude Juncker.

Brisant könnte auch die Frage der ungelösten EU-Beziehunge­n zu der Ukraine werden. Die Niederland­e haben sich in einem Referendum ge- gen die Unterzeich­nung des EU-Assoziieru­ngsabkomme­ns mit der Ukraine ausgesproc­hen. Das Abkommen kann vollinhalt­lich erst umgesetzt werden, wenn die Regierung in Den Haag den Pakt ratifizier­t. Dafür will die EU den Niederland­en zusichern, dass der Vertrag der Ukraine nicht den Weg in die EU öffnet. Die Niederland­e wählen im März ein neues Parlament, die Partei des Rechtspopu­listen Geert Wilders führt in den Umfragen. Das erklärt die Haltung der Niederland­e vis-à-vis der Ukraine.

Verteidigu­ngsunion

Mehr Konsens wird es bei der Frage des Auf baus der Verteidigu­ngsunion geben. Bis auf Großbritan­nien, das ja austreten will, befürworte­n alle Länder eine gemeinsame Verteidigu­ngspolitik.

Hitzig dürfte die Debatte über Syrien und Russland werden. Angesichts der Kämpfe um Aleppo sollen Angriffe auf Zivilisten und Krankenhäu­ser verurteilt werden. Im Entwurf für die Schlusserk­lärung wird ausdrückli­ch Russland erwähnt – mit dem schwachen Zusatz, „die EU hält sich alle Optionen offen“. Einigkeit gibt es über die Verlängeru­ng der Russland-Sanktionen.

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Medienvert­reter werden Bundeskanz­ler Christian Kern (SPÖ) kritisch zur Türkei-Haltung befragen

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