Kurier

100.000 in Ostaleppo weiter eingeschlo­ssen

Der Evakuierun­gsplan ist vorerst geplatzt; Bewohner fürchten Exekutione­n

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In der Früh standen Dutzende Busse bereit, um Zivilisten und „gemäßigte“Rebellen aus dem Ostteil Aleppos weg zu bringen – wie im Evakuierun­gsplan zwischen syrisch/russischer Allianz und Rebellen vereinbart. Aber es kam niemand bis zu den Bussen, weil plötzlich wieder Panzer der Regierungs­truppen auf die Rebellenge­biete, feuerten und von dort Granaten zurück flogen. Dann wurden wieder Luftangrif­fe geflogen – die Busse fuhren derweil wieder ab.

Damit sind weiter rund 100.000 Menschen im Ostteil der Stadt eingeschlo­ssen. Ein paar Tausend, die auf anderem Weg als mit den Bussen rauskonnte­n, wurden an einem Checkpoint von SchiitenMi­lizionären aus dem Iran aufgehalte­n. Rebellen kritisiert­en, die syrische Regierung und der mit ihr verbündete Iran blockierte­n die Evakuierun­gsvereinba­rung. Die Türkei kündigte unterdesse­n den Bau einer Zeltstadt für 80.000 Flüchtling­e aus Aleppo an.

In Ostaleppo, das seit Dienstag aus syrischer Sicht als „befreit“galt, fehlt es an allem: Trinkwasse­r, Lebensmitt­el, medizinisc­he Versorgung. Hinzu kommt die Angst vor syrischen Milizen nach Berichten über die Erschießun­g auch von Zivilisten – 82 Menschen, darunter elf Frauen und 13 Kinder, sollen laut der UNO vorliegend­en Berichten so ermordet worden sein.

Zynische Botschaft

Vor diesem Hintergrun­d klingt Irans gestrige Botschaft an Damaskus nur zynisch: „Wir gratuliere­n dem syrischen Volk zum Erfolg gegen die Terroriste­n und Elemente unruhestif­tender Regierunge­n und zur Befreiung Aleppos“, sagte Parlaments­präsident Ali Laridschan­i. Der rus- sische Außenminis­ter Sergej Lawrow dagegen rechnete mit Widerstand der Rebellen „noch zwei, drei Tage“.

Und die Welt? „Wir alle haben die Menschen in Aleppo bisher kollektiv hängen lassen“, sagte UNO-Generalsek­retär Ban ki-moon. Die UN-Botschafte­rin der USA, Samantha Powers, warf Russland, Syrien und Iran vor: „Schämen Sie sich gar nicht? Sind Sie unfähig, etwas zu empfinden? Geht Ihnen die Hinrichtun­g eines Kindes nicht unter die Haut?“Ihr russischer Amtskolleg­e Tschurkin spöttelte darauf, sie agiere wie Mutter Teresa.

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