Die rot-weiß-rote Tomatenschlacht
Eigenversorgung steigt, Öko-Bilanz ist umstritten
Wenn es um die Tomate geht, haben Supermarktmanager offenbar eine klare Devise: Sie wollen Ware aus Österreich – nicht nur im Sommer, sondern auch zu Weihnachten und Ostern.
Möglich machen das neue Glashausprojekte, die in der Nachbarschaft verlässlich für Proteste sorgen. Im steirischen Bad Blumau machten Anrainer gegen den Bau eines bis zu 23 Hektar großen Glashaus-Projektes der Firma Frutura mobil, das heuer die ersten Tomaten an Spar geliefert hat. Spar-Chef Gerhard Drexel will den Eigenversorgungsgrad von 50 auf 70 Prozent steigen.
Im Burgenland stemmt sich eine Bürgerinitiative gegen ein 14 Hektar großes Gewächshaus der Firma Perlinger, für das der Raumplanungsbeirat schon grünes Licht gegeben hatte. Zum Ärger der Grünen im Burgenland. Es sei nicht belegt, dass heimische Glashaus-Tomaten einen besseren ökologischen Fußabdruck haben als ausländische, argumentie- ren sie. Eine in Wien-Simmering oder im Nordburgenland gezogene Tomate würde 2,5 bis drei Mal mehr Kohlendioxid als eine in Spanien gezogene Frucht verursachen. Irmi Salzer von den Grünen befürchtet zudem einen Verdrängungswettbewerb, da sich die Haupterntezeit der Produzenten überschneide.
Das sei längst der Fall, heißt es aus der Branche. Heuer wurden in Österreich um 20 Prozent mehr Tomaten geerntet als noch im Jahr zuvor. aus dem Ausland wird von Gasthäusern und Restaurants sowie Großküchen und Kantinen verarbeitet. Niemand weiß, wo das Essen herkommt, das auf dem Teller landet. Immerhin informieren einige Gastronomen ihre Gäste freiwillig über die Herkunft der Produkte.
Professor Friedrich Schneider von der Johannes Kepler Universität Linz ist überzeugt, dass in der Gastronomie das Potenzial für den Einkauf im Inland noch nicht ausgeschöpft ist. Bei den Großkunden „gibt es noch Luft nach oben“.
Plus 1,8 Milliarden
Die Gesellschaft für angewandte Wirtschaftsforschung hat nachgerechnet, was es bringt, wenn um zehn Prozent mehr Lebensmittel aus dem Inland eingekauft werden. Dies würde zu einer Steigerung des Bruttoinlandsproduktes um 1,8 Milliarden Euro führen und rund 21.000 Arbeitsplätze sichern oder neu schaffen, fasst Stefan Jenewein von der GAW das Ergebnis zusammen. Die Einkommen in Österreich würden um 852 Millionen Euro steigen.
Auftraggeber der Studie war die Hagelversicherung. Dafür gibt es einen guten Grund. Schließlich geht es bei den Lebensmittel-Importen auch um Transportwege und die CO -Bilanz. Bio-Weintrauben aus Südafrika sind nicht der Ökologie letzter Schluss. Der Chef der Hagelversicherung, Kurt Weinberger, hat als Versicherer ein großes Interesse an möglichst geringen Umweltschäden im Agrarbereich.