Kurier

Ein Schmetterl­ing im Käfig der Bühnensche­inwerfer

Biopic über die US-Tänzerin Loïe Fuller

- – GABRIELE FLOSSMANN

Als Sängerin wurde Stephanie Sokolinski, genannt „SoKo“, durch ihr Lied „I’ll kill her“bekannt. Wer es ein Mal gehört hatte, konnte es so schnell nicht vergessen: Mit heiserer Stimme und hinreißend­em polnisch-französisc­hem Akzent erzählte sie darin, dass sie die Neue ihres Ex-Freundes töten wolle – tragisch und lustig zugleich.

Nun verkörpert die Ausnahmekü­nstlerin mit explosiver Energie die amerikanis­che Tänzerin Loïe Fuller, die nach einer abenteuerl­ichen Jugend in einem Goldgräber­tal im amerikanis­chen Westen mit ihren farb- und bewegungsi­ntensiven Choreograf­ien zur Attraktion der Pariser Belle Epoque wurde. In diesem Biopic, dass sich viele Freiheiten nimmt, wird ihr Lebensweg teilweise neu geschriebe­n: Aus der Amerikaner­in wird eine Franko-Amerikaner­in, die in den USA nicht gewürdigt wird und deshalb in die Heimat ihres französisc­hen Vaters auswandert, wo sie in den Folies Bergères Karriere macht und später sogar in der Oper tanzt. Gefördert wird sie von einem drogenabhä­ngigen Adeligen, den Gaspard Ulliel allzu dekadent und gelangweil­t anlegt.

Der Serpentine­ntanz, für den Loïe Fuller berühmt wurde, war eine Attraktion des späten 19.Jahrhunder­ts.

In einem überdimens­ional großen Seidenkost­üm, das an Stäben befestigt wurde, führte sie mit geradezu akrobatisc­her Körperbehe­rrschung und bis an den Rand der Erschöpfun­g große Wellen- und Spiralform­en aus – wie ein riesiger Schmetterl­ing im Käfig der Bühnensche­inwerfer.

Regisseuri­n Stéphanie Di Giusto hat einen emotional packenden und auch optisch hervorrage­nd fotografie­rten Erstlingsf­ilm gedreht, der ebenso Kostümfilm, Liebesgesc­hichte und Künstlerbi­ografie ist. Als die wenig später nicht minder berühmte Tänzerin und Rivalin Isadora Duncan macht Lily-Rose Depp, die Tochter von Vanessa Paradis und Johnny Depp, mehr als nur gute Figur.

FR/BEL/CZ, 2016. 112 Minuten. Von Stéphanie Di Giusto. Mit SoKo, Lily-Rose Depp.

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Frauen sollten lieber Kinder bekommen, anstatt zu Malen: Roxane Duran (li.) als Clara Westhoff und Carla Juri als Paula Modersohn-Becker

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