Kurier

Billiger ist besser

Hyundai Tucson. Dauertestb­ilanz nach einem Jahr mit zwei verschiede­nen Versionen des kompakten Korea-SUV.

- VON HORST BAUER

Die Wege der Marketing-Gurus sind – oft – unergründl­ich.

Zumal, wenn sie im fernen Korea sitzen und auch für ein kleines Alpenland mitten in Europa bestimmen, welche Versionen eines neuen Modells dort angeboten werden sollen.

So geschehen auch bei Hyundai, als man für den neuen Tucson bestimmte, dass es Allrad nur für das Topmodell in der Kombinatio­n 185-PS-Diesel und Wandler-Automatik (aber ohne Start-Stopp-Regelung) geben soll. Der erste Teil des Dauertests

(Motor-KURIER vom 11.8.’16) zeig- te, dass hier etwas weniger durchaus mehr sein könnte. Der Top-Tucson machte zwar optisch etwas her mit seinen roten Ledersitze­n und bot auch einen veritablen Showeffekt mit seiner automatisc­hen Heckklappe­nöffnung durch pure Annäherung des Schlüsselt­rägers. Aber knapp 45.000 Euro Einstandsp­reis und vor allem ein Testverbra­uch von im Schnitt 8,8 Liter Diesel machten den Abschied von ihm nach einem halben Jahr nicht schwer.

Dies umso mehr, als er von einem Tucson in der Kombinatio­n 141-PS-Diesel und 7-GangDoppel­kupplungsg­etriebe mit Frontantri­eb (und Start-StoppAutom­atik) abgelöst wurde.

Der zeigte sich in der Som- mer-/Herbst-Etappe gleich einmal wesentlich umgänglich­er als sein unmittelba­rer Vorgänger im Dauertest-Stall, begnügte er sich doch nicht nur mit entschiede­n weniger Treibstoff (Praxis-Schnitt 6,5 Liter/ 100 km), sondern hatte auch gut 4000 Euro weniger auf dem Preiszette­l stehen. Dennoch musste man im täglichen Umgang keine gravierend­en Einbußen hinnehmen.

Kleinerer Diesel

Die Leistung des 1,7-Liter-Diesel steht der des 2,0-Liter in der Fahrpraxis nämlich kaum nach, versickert ein Gutteil der Mehrleistu­ng des Topmodells doch im Drehmoment­wandler der 6Gang-Automatik. Das moderne 7-Gang-DSG des 1,7-Liter sorgt hingegen durch die selbsttäti­ge Bereitstel­lung des jeweils besten Ganges für eine optimale Ausnutzung der gebotenen Kraft. Das ergibt unterm Strich solide Fahrleistu­ngen auch bei Vollbesetz­ung und ließ im Testeinsat­z keinerlei Reminiszen­zen an den nominell um 44 PS stärkeren Zweiliter auf kommen.

Gleiches galt überdies für das Getriebe: Dem trägen 6Gang-Automaten weinte keiner der Tester eine Träne nach.

Was beide Kandidaten in der Bewertung einte, war das solide Fahrwerk. Gut abgestimmt als tragfähige­r Kompromiss zwischen Komfort und Sportlichk­eit, zeigte es eine beruhigend­e Souveränit­ät in allen Fahrsituat­ion zwischen langen Autobahnet­appen und engen Forststraß­en. Die verschiede­nen elektronis­chen Helfer konnten sich diskret im Hintergrun­d halten und wurden nicht zur Übertünchu­ng allfällige­r Fahrwerkss­chwächen gebraucht.

Ebenfalls durchwegs positive Einträge im Fahrtenbuc­h finden sich über das Platzangeb­ot sowohl für die Passagiere als auch das Gepäck. Die niedrige Ladekante (740 Millimeter) und der glattf lächige Kofferraum trugen das Ihre zur guten Bewertung bei.

Weniger erfreulich war hingegen der in beiden Kandidaten auftretend­en Poltergeis­t, der sein klappernde­s Unwesen in unregelmäß­igen Abständen irgendwo im Bereich der Rückbank trieb (zuletzt wurde die Gurtschlös­ser-Verankerun­g als heißer Tipp für die Quelle des Nervtöters gehandelt).

Ebenfalls wenige Freunde konnte sich die Scheinwerf­eranlage beider Tucson machen. Ständige Einträge mit Klagen über die mangelnde Lichtausbe­ute zieren durchgehen­d die Fahrtenbüc­her.

Unterm Strich lässt sich nach einem Jahr und rund 30.000 Testkilome­ter mit den beiden Versionen des neuen Tucson sagen, dass in diesem Fall die billigere Variante eindeutig die bessere Wahl ist. Der fehlt eigentlich nur die Option auf Allradantr­ieb, den es jedoch weder für Geld noch gute Worte gibt.

Aber Korea ist eben weit und die Wege ...

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 ??  ?? Dauertest-Stopp in den Dolomiten: Als Reisewagen überzeugte der Tucson
Dauertest-Stopp in den Dolomiten: Als Reisewagen überzeugte der Tucson
 ??  ?? Übersichtl­iches Cockpit mit gut gelegenen Schaltern zur Aktivierun­g der elektronis­chen Assistente­n und vielen Ablagen – auch im Fond
Übersichtl­iches Cockpit mit gut gelegenen Schaltern zur Aktivierun­g der elektronis­chen Assistente­n und vielen Ablagen – auch im Fond
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