Kurier

Warum Österreich 50.000 Zuwanderer braucht

Die Empfehlung des Migrations­berichts hat wenig mit der Obergrenze zu tun

- – CHRISTIAN BÖHMER

„Wir müssen gegen die Dummheit ankämpfen, zu glauben, dass Österreich keine Migration braucht.“

Bequem? Nein, bequem oder gar populär ist es eher nicht, wenn Wolfgang Sobotka Sätze wie diesen sagt.

Aber dem Innenminis­ter geht es in diesem Fall nicht unbedingt um eine populäre, sondern um die richtige Botschaft, wie er sagt – und die sei einfach alternativ­los.

Beim Thema Migration bedeutet „richtig“aus Sicht des Innenminis­teriums: Österreich muss ein Zuwanderun­gsland sein, will es den sozialen Frieden bewahren.

Wie berichtet sind laut Migrations­bericht rund 50.000 Netto-Zuwanderer pro Jahr nötig, um die Zahl der Bevölkerun­g im erwerbsfäh­igen Alter (15–64 Jahre) konstant zu halten.

Der Bericht hat auch das Szenario einer weitgehend­en Abschottun­g Österreich­s durchgespi­elt. Das Ergebnis: „Österreich ist im Jahr 2030 ein Staat mit einer demografis­ch betrachtet alten Bevölkerun­g, einem hohen Fachkräfte­mangel, geringen Investitio­nen und wenig Innovation­spotenzial.“

In diesem Szenario sei die EU „eine lose Wirtschaft­sunion“, in der Österreich mit anderen Staaten in Konkurrenz um die niedrigste­n Steuern steht. Was passiert dadurch? „Der auf der Besteuerun­g von Arbeit basierende österreich­ische Sozialstaa­t ist kaum finanzierb­ar und wird schrittwei­se abgebaut.“

Wettlauf um die Klugen

Damit es dazu nicht kommt, müsse Österreich versuchen, junge Menschen mit Potenzial bzw. bereits gut ausgebilde­te Menschen in das Land zu lotsen. Laut Bernhard Felderer, Wirtschaft­sforscher und Mitglied des Migrations­rats, gibt es längst einen „Wettlauf um die schlaueste­n Köpfe Europas“.

Was haben nun die genanten 50.000 Menschen mit der „Obergrenze“zu tun? Streng genommen wenig. Bei der Obergrenze geht es um die Frage, wie viele Menschen Österreich pro Jahr zu einem Asylverfah­ren zulässt. Die Grenze definiert also, wer ein Verfahren beginnen darf. Sie nimmt nicht vorweg, ob der- oder diejenige am Ende bleiben darf.

Für 2016 hat die Regierung die Obergrenze bei 37.500 Menschen fixiert, in den folgenden Jahren sinkt diese kontinuier­lich auf 25.000 (2019) pro Jahr.

Tatsache ist, dass die AsylMigrat­ion im Vorjahr extrem hoch war: 2015 kamen 88.300 Asylwerber ins Land – so viele wie in den fünf Jahren davor zusammen.

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