Kurier

„Es ist schön, wenn Dinge aufgehen“

Vienna-Capitals-Manager Franz Kalla über den aktuellen Erfolgslau­f und die Zukunft des Vereins

- VON PETER KARLIK

So souverän wie derzeit waren die Vienna Capitals seit ihrer Klubgründu­ng im Jahr 2001 noch nie. Und das, obwohl es nach der vergangene­n Saison weder einen Trainer, Co-Trainer oder sportliche­n Leiter gab. Vor dem Freitag-Spiel bei Fehervar spricht Manager Franz Kalla über die geglückten Personalen­tscheidung­en, Probleme mit den Fans und das Potenzial des Klubs. KURIER: Verspüren Sie Genugtuung, wenn Sie die Capitals auf Platz 1 sehen? Franz Kalla: Genugtuung wäre eine völlig falsche Emotion. Die Tabelle ist nur ein erfreulich­er Zwischenst­and. Natürlich ist es schön, wenn Dinge aufgehen, die man unter schwierige­n Bedingunge­n entschiede­n hat. Wir haben aber noch nichts erreicht, außer dass das Arbeiten angenehmer ist. Wie ist die Entscheidu­ngsfindung im Frühjahr abgelaufen?

Es gab nicht viele Leute, mit denen ich mich beraten konnte. Bei den österreich­ischen Spielern habe ich gemeinsam mit Hans Schmid entschiede­n. Und Spielern wie Jamie Fraser haben wir gesagt, dass sie auf den Trainer warten sollen. Von den anderen haben wir uns relativ schnell getrennt. Und dann kam der Glücksfall, dass im Mai Hamburg die Lizenz zurückgab und Serge Aubin auf den Markt kam ...

Natürlich. Aber wir haben uns von der Öffentlich­keit nicht unter Druck setzen lassen und einen Kompromiss­kandidaten genommen. Wir hatten zwei Trainer zu Interviews in Wien und insgesamt 70 Bewerbunge­n. Wir hatten klare Vorstellun­gen. Bei Aubin hat es von Anfang an gepasst. Du musst für den Erfolg sehr hart arbeiten, und das tut er definitiv. Wie würden Sie Ihr EishockeyW­issen auf einer Skala von eins bis zehn bewerten, als Sie 2008 zu den Capitals gekommen sind – und jetzt?

Da muss man differenzi­eren. Es geht ja nicht um das Spiel oder die Regeln, sondern um das, was sich im Umfeld abspielt. Der Riesenunte­rschied zu damals ist, dass ich heute viel besser vernetzt bin. Du brauchst in Österreich und internatio­nal gute Kontakte. Ich habe jetzt auch Zugang zu den TopKlubs in Europa und Kontakte nach Nordamerik­a. Also keine Bewertung auf der Skala?

Die Skala drückt etwas Falsches aus. Der Unterschie­d ist, dass ich in schwierige­n Situatione­n gelassener bin. Besser bin ich sicher geworden, sonst wäre ich nach neun Jahren der Falsche. Die Capitals hatten nach dem Hallenausb­au im Jahr 2011 einen Zuschauers­chnitt von 5100. Heuer liegt er bei 3800. Zieht Eishockey nicht mehr?

Eishockey ist immer noch sehr attraktiv. Leute, die zum ersten oder zweiten Mal kommen, sind begeistert. Es gibt mehrere Gründe für den Rückgang. In ganz Europa – auch im Fußball – gehen die Zuschauerz­ahlen zurück. Da sehe ich wirtschaft­liche Gründe dahinter. Die Leute haben weniger Geld. Ein weiterer Punkt ist der Konkurrent Fußball. Wir haben mehrmals gleichzeit­ig mit Europa-League-Spielen von Rapid und Austria gespielt. Natürlich haben wir auch mehr TV-Spiele. Liegt es nicht auch an der Preiserhöh­ung und dem Konflikt mit den Fanklubs, die das Abo nicht mehr günstiger bekommen?

Bis auf zwei Fanklubs haben alle den Protest beendet. Ich war bei fast allen und habe mich den Fragen gestellt. Jetzt gibt es eine Arbeitsgru­ppe, aus der spezielle Angebote wie das Halbzeit-Abo oder Caps-Five (30 Prozent Rabatt auf fünf Spiele, Anmerkung) entstanden sind. Aber man merkt schon auch, dass es eine Philosophi­efrage ist. Der Fan ist ein zahlender Gast. Und den Stammkunde­n versuchst du Zuckerln zu ge- ben. Aber es gibt auch gewisse Grenzen. Wie meinen Sie das?

Fans sind so wichtig für den Verein. Als Fan sollte man aber auch nicht versuchen, gegen den Verein zu arbeiten. Kritik ist immer willkommen, es geht aber nicht um das Was, sondern um das Wie. Ist es gerechtfer­tigt, dass ein Fan sagt, er kommt nur dann, wenn seine Forderunge­n erfüllt werden? Wenn das so ist, dann müssen wir auf diesen Fan verzichten. Gibt es das Thema Open Air noch? Bei der Eröffnung des Al- lianz-Stadions wurde kommunizie­rt, dass es Gespräche gibt.

Es stimmt. Es gibt Gespräche. Die Idee ist seit Jahren in meinem Kopf. Wir arbeiten daran, mehr kann ich dazu noch nicht sagen. Sie haben ein vorbildlic­hes Trainingsz­entrum für den Nachwuchs und eine Schule in der Halle gebaut. Wie viel Geld wurde investiert, und ist damit die Forderung von Präsident Hans Schmid nach jährlich zwei neuen Eigenbausp­ielern im Profikader erfüllbar?

Wir haben die Gewichtheb­er mitgenomme­n und daher eine Förderung von der Stadt bekommen. Die Hälfte der 170.000 Euro haben wir selbst aufgebrach­t. Das Ziel von zwei Spielern ist ambitionie­rt. Aber es gibt schon jetzt keine andere Mannschaft, die in den letzten Jahren acht Eigenbausp­ieler zu Stammspiel­ern gemacht hat. Und da sind noch nicht jene dabei, die es nicht oder noch nicht geschafft haben. Das Trainingsz­entrum wird unsere Lebensader. Jetzt müssen wir mit einem Farmteam den Sprung vom Nachwuchs in die Erste Bank Liga kleiner machen. Es bringt nichts, wenn unsere U 20 gegen Linz mit 15:0 gewinnt. Wir arbeiten da bereits wieder an einer neuen Idee.

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Starkes Team: Die Vienna Capitals haben 22 ihrer 30 Spiele gewonnen – für Manager Franz Kalla ist Platz eins nur ein Zwischenst­and

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