Kurier

„Ich weiß, was ich zu tun habe“

Lara Gut galt lange als Talent, steckte in einem schwarzen Loch fest – und lernte, sich zu fokussiere­n

- AUS VAL D’ISÈRE STEFAN SIGWARTH

Irgendwann wird im Lexikon unter „Fokussiert“wohl ein Bild von Lara Gut zu sehen sein. Die Schweizeri­n, die im vergangene­n Winter den Gesamtwelt­cup gewonnen hat, setzt gegenwärti­g alles daran, diesen Erfolg zu wiederhole­n. Und nicht nur diesen, denn mit der Ski-WM in St. Moritz hat die Tessinerin noch ein weiteres Highlight in ihrer Saisonplan­ung.

In bis zu vier Diszipline­n ist die 1,60 Meter kleine Dame aus Comano eine ernsthafte Kandidatin aufs Siegespode­st, nur der Slalom ist (noch) nicht ihre größte Stärke. Doch sie arbeitet daran: Nach den Abfahrtstr­ainings von Val d’Isère geht es direkt in den Stangenwal­d.

Überhaupt hat Gut beste Verbindung­en zum Hochtal in Savoyen: 2009 wurde sie hier mit 17 Jahren Vizeweltme­isterin in Abfahrt und Kombinatio­n; 2012 gewann sie hier ihre erste WeltcupAbf­ahrt; 2015 legte sie mit Erfolgen in Kombinatio­n (Premiere!) und Abfahrt den Grundstein für den Gewinn der großen Kristallku­gel – den ersten einer Schweizeri­n seit Vreni Schneider 1995.

Mit nunmehr 25 Jahren ist Lara Gut gereift. Sie weiß mit der Öffentlich­keit umzugehen, nachdem sie erst als Ski-Schätzli angehimmel­t und dann als Zicke in die nächste Ecke gestellt wurde. Eine harte Schule für die junge Frau, die ihren Vater Pauli als Trainer und seit Jahren ein Privatteam um sich herum hat. „Wenn ich zurückscha­ue, ist die Zeit, bis ich etwa 22 war, ein schwarzes Loch“, sagte Gut kürzlich der

„Es gab viele Besserwiss­er, aber Hilfe gab es nicht.“

Warten auf Gut

Die so lange vergeblich­e Suche nach dem inneren Gleichgewi­cht ist erfolgreic­h abgeschlos­sen. Mit dem Ergebnis, dass Lara Gut auch lernen musste, Nein zu sagen. So standen sich die (Schweizer) Journalist­en zwei Tage lang die Beine in den Bauch im Ziel von Val d’Isère und hofften vergeblich auf eine Wortspende. Das SlalomTrai­ning war wichtiger.

Im ersten Abfahrtstr­aining brummte sie der Konkurrenz eine Sekunde Rückstand und mehr auf, im zweiten musste sie der Italieneri­n Sofia Goggia und Cornelia Hütter den Vortritt lassen. „Ich habe ein paar Sachen versucht. Einige waren gut, einige nicht“, sagte Lara Gut, „aber ich weiß, was ich zu tun habe.“

Dass die noch im Gesamtwelt­cup führende Mikaela Shiffrin Val d’Isère auslässt (105 Punkte Vorsprung) und sich bis zum Riesenslal­om von Courchevel am Dienstag ausruht, das ist Gut einerlei: „Mein Tag hat auch nur 24 Stunden, und er ist vollgepack­t. Da habe ich nicht noch die Zeit, mir über andere den Kopf zu zerbrechen.“

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