Auch Gefängnisarzt spricht von Mord Fall Aliyev.
nen Beruf übe er aber weiter aus) nicht gelten: Der Beamte hätte die veraltete Technik ganz leicht manipulieren können.
Kriminaltechnische Untersuchungen schließen das aber aus. Laut Justizministerium patrouillieren durch die Krankenabteilung der Justizanstalt Josefstadt vor Mitternacht zwei Beamte. Nach Mitternacht kommt ein dritter Beamter in den Dienst, dieser bleibt dann für den Rest der Nacht allein vor Ort.
Aus der Auswertung des Laptops von Aliyev (den der Häftling laut dem Arzt bekommen habe, weil er „alle geschmiert“haben soll) ergibt sich: Aliyev hat am 24. Februar 2015 nach Mitternacht noch eine Nachricht verfasst, muss also zu der Zeit noch gelebt haben.
Psychiater Stefan Z. sagt, er habe es nach Aliyevs Tod nicht ausgehalten, bei Mor- genbesprechungen des Gefängnispersonals ständig neben dem Justizwachebeamten zu sitzen, den er für den Mörder hält. Deshalb sei er im Einvernehmen aus dem Justizdienst ausgeschieden.
Schon damals habe er seinen Verdacht geäußert, seither werde er bedroht. Zwei Männer hätten ihn bis in die Schule seiner Kinder verfolgt. Und jemand habe auf ihn geschossen, als er mit seinem Scooter unterwegs gewesen sei, aber nur eine Cola-Dose getroffen, die er mit sich geführt habe. „Das klingt nach einem Krimi, wenn ich mir selber so zuhöre“, erkennt der Arzt im KURIER-Gespräch selbst: „Aber ich habe im Gefängnis mit geistig abnormen Tätern gearbeitet, ich erkenne Kriminelle schnell.“
Im Fall Aliyev gibt es noch weitere Rätsel: Die Obduktion der Leiche durch den Wiener Gerichtsmediziner Daniele Risser – Ergebnis: Suizid – wurde in St. Gallen neun Tage danach wiederholt und bestätigt. Laut Schweizer Tagesanzeiger la
dort die in Wien nach Aliyevs Tod angefertigten Fotos der Leiche nicht vor. Gerade daraus leitet aber das von den Anwälten der Witwe Aliyevs – Manfred und Klaus Ainedter – in Auftrag gegebene Privatgutachten (Stauungsblutungen am Oberkörper) nun ab, der Häftling sei „durch fremde Hand“erstickt worden.
Üblicherweise bekomme der zweite Sachverständige von seinem Vorgänger alle Unterlagen, die bis dahin gesammelt wurden, sagt die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien, Nina Bussek. Ob Daniele Risser die Fotos an den Schweizer Kollegen weitergeleitet hat bzw. warum nicht, lässt die Staatsanwäl- tin überprüfen. Risser hat sich bis jetzt nicht geäußert.
Eine Expertenkommission unter Vorsitz des ehemaligen Generalprokurators Ernst Eugen Fabrizy befand in einem dem KURIER vorliegenden Bericht die Ermittlungen rund um Aliyevs Tod für korrekt und lässt am festgestellten Suizid keine Zweifel. Was in dem Bericht allerdings nicht vermerkt ist, ist der lockere Umgang mit dem Tatort.
Siegel am Boden
Wie der zuständige Abteilungskommandant in der Justizanstalt in einem Protokoll festhielt, hatte sich die von der Polizei nach Auffinden der Leiche Aliyevs an der Zellentür angebrachte Versiegelung offenbar „von selbst gelöst und lag auf dem Boden“.
Die Kriminalbeamten nahmen das zur Kenntnis, setzten die Spurensicherung am nächsten Tag fort, brachten aber kein Siegel mehr an. Der Abteilungskommandant heftete in Eigenregie einen Zettel an die Zellentür, dass der Zutritt untersagt ist. Zwei Tage nach Aliyevs Tod am 26. Februar wurde das Türschloss zur Untersuchung ausgebaut, ein neues eingebaut und die Tür wieder ohne Siegel verschlossen.
In der Folge betraten noch mehrere Beamte die Zelle, auch ein Filmteam des bekam Zutritt, erst danach (am 1. März) zogen Kriminalbeamte noch verschiedene Proben im Haftraum. Das alles ist deshalb von Bedeutung, weil ein von den Anwälten Ainedter präsentierter Zeuge über Unregelmäßigkeiten rund umdas Türschloss berichtete. Der ehemalige Zellennachbar von Aliyev äußert ebenfalls Mordverdacht.