„Er war wie ein Geist“
Eine neue Netflix-Produktion beleuchtet Barack Obamas frühe Studentenjahre
Er raucht eine Zigarette nach der anderen, ist introvertiert und mag keine Partys. Genannt wird er Barry. So muss Barack Obama wohl vor 35 Jahren als junger Student gewesen sein, lange bevor er in die Geschichte einging als erster afroamerikanischer Präsident der USA. Knapp einen Monat vor Ende seiner Amtszeit wagt sich der Online-Streamingdienst Netf lix mit der Eigenproduktion „Barry“(ab heute) an eine biografische Erzählung über Obamas prägende Studentenjahre in New York.
Geteiltes Amerika
Barry (gespielt von Devon Terrell) ist ein ganz normaler junger Mann. 1981 kommt er in New York an, um an der Columbia University zu studieren. Er zieht in eine Wohnung in Morningside Heights, unweit vom Campus, aber Welten entfernt: ORF 1 Kriminalität und Armut bilden die Kulisse seines neuen Lebens. Auf dem Basketballplatz in seiner Nachbarschaft fühlt er sich zu Hause, auf seiner Elite-Uni nicht. In seiner Klasse ist er der Einzige ohne weiße Hautfarbe. Und so trifft die Realität eines geteilten Amerikas, die Trennung zwischen Weiß und Schwarz, Reich und Arm, Barry hart.
„Ich habe mir vorgestellt, dass seine Zeit an der Columbia eine ausschlaggebende Phase seines Lebens gewesen sein muss“, sagt der Regisseur des Films, Vikram Gandhi, über den späteren USPräsidenten. „Barry“zeigt einen jungen Obama auf der Suche nach seinen schwarzen Wurzeln. Seinem Vater in Kenia schreibt er Briefe. Doch bevor er ihm einen Besuch abstatten kann, stirbt er überraschend – ein schwerer Schlag.
Im Film wird Barry von Freunden „invisible“genannt, „unsichtbar“, wegen des Romans „Der unsichtbare Mann“von Ralph Ellison, den er liest. Doch so empfanden ihn auch die Filmemacher: Es gebe sehr wenig Informationen über Obama aus dieser Zeit, erklärt Gandhi. „Er war wie ein Geist.“Wenige Menschen aus seinem ColumbiaUmfeld erinnerten sich an ihn. Obama selber schreibt in seiner Autobiografie: „Ich war in meiner Einsamkeit zu bequem, es war der sicherste Ort, den ich kannte.“
Und so zeigt „Barry“einen Obama, den man eigentlich nicht kennt. Gandhi sagt, durch die Geschichte Obamas an der Columbia University könne man erzählen, „wie bestimmte Erfahrungen den Weg ebnen können, dass ein gewöhnlicher Mensch eines Tages eine ungewöhnliche Person wird“.