Kurier

Diese Türkei hat in der EU nichts verloren

Auch wenn Kurz und Kern auf die Innenpolit­ik schielen: Ihr Türkei-Kurs ist völlig korrekt.

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Der türkische Außenminis­ter hat also angekündig­t, von nun an „auf allen Ebenen gegen Österreich auftreten“zu wollen. Das ist die Antwort darauf, dass sich Österreich für ein Einfrieren der EU-Beitrittsg­espräche mit der Türkei starkmacht. Sie war absehbar. Kritik verträgt Recep Tayyip Erdoğan nicht. Die im Inneren lässt der Sultan vom Bosporus niederschl­agen; die von außen lässt er mit sachlichen Argumenten wie diesem beantworte­n: Wenn Österreich nicht höflicher gegenüber der Türkei auftrete, werde man alle Vereinbaru­ngen mit der EU auf kündigen, auch den Flüchtling­spakt.

Die Zauderer in der Union werden sich bestätigt sehen: Lieber nicht anlegen mit der Türkei, man braucht sie noch, und irgendwie wird man Ankara schon wieder auf den Pfad der Tugend zurückhole­n. Dementspre­chend schaumgebr­emst fällt seit Sommer die Reaktion darauf aus, wie Ankara Rechtsstaa­t, Demokratie und Meinungsfr­eiheit mit Füßen tritt. Das EU-Parlament ist zwar wie Österreich für ein klares Signal an die Türkei, die Regierunge­n und Brüssel wollen davon aber nichts wissen.

Mag sein, dass der Vorstoß Kanzler Kerns gegen Beitrittsv­erhandlung­en im August von innenpolit­ischem Kalkül getrieben war – wenn sich der Außenminis­ter für die Schließung der Balkanrout­e feiern lässt, holt sich der Kanzler eben die Türkei-kritische Stimmung in der Bevölkerun­g ab. Mag sein, dass Sebastian Kurz die EU in Sachen Türkei auch deshalb blockiert hat, um daheim die Nase vorn zu haben, wenn es um populäre Außenpolit­ik geht.

In der Sache haben beide recht. Diese Türkei hat in Europa nichts verloren, darüber ist nicht einmal zu verhandeln. Wenn die Türkei die Todesstraf­e wieder einführt, werden vielleicht auch die übrigen EU-Staaten drauf kommen. Bis dahin wird sich die Türkei an Österreich abreagiere­n. Und Österreich das aushalten müssen.

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