Mit Arbeitslosen gegen russische Gefahr
Polen. Der politische Streit um die neue paramilitärische Heimatschutz-Truppe wird heftiger
Beschäftigungstherapie für Abgehängte oder ernsthafte Landesverteidigung? In Polen gerät die „Armee zur Gebietsverteidigung“(WOT), eine Freiwilligenarmee und das favorisierte Projekt von Verteidigungsminister Antoni Macierewicz, zunehmend in das Sperrfeuer der Kritik. Das nationalkonservativ regierte Polen fürchtet derzeit angesichts der Ukraine-Krise eine Aggression Russlands wie kaum zuvor. Neben der engen Partnerschaft mit den USA und der NATO, die ihr Truppen an Polens Ostgrenzen erweitern, setzt das Land auf neue eigene Kräfte Die polnische Presse wies diese Woche darauf hin, dass sich in vielen Regionen primär Arbeitslose zur im Juni ausgerufenen Truppe melden, die es auf die 500 Zloty (112 Euro) monatlich abgesehen haben, welche für Schulung und Bereitschaft vom Staat bezahlt werden. Ursprünglich soll die Armee, nach dem Vorbild der US-National Guard ausgerichtet, die vielen paramilitärischen Gruppen anziehen, die in Polen ohnehin eifrig und halblegal Landesverteidigung üben. Doch diese scheint das Angebot weniger anzusprechen, da sie zumeist beruflich ausgelastet sind. Der ehemalige stellvertretende Verteidigungsminister General Stanislaw Koziej warn- te daher davor, eine Armee aus „Nichtqualifizierten“aufzubauen. Insgesamt 35000 Personen sollen die Verbände zählen, bislang haben sich 10 000 gemeldet.
Vorbild Krim-Krise
Die Krise auf der Krim 2014 gilt als Muster für ein drohendes Szenario, bei dem „Grüne Männchen“(russische Einheiten) über die Grenze zwischen Polen und der russischen Exklave Kaliningrad sickern können. Vermied das Verteidigungsministerium zu Beginn die Adressierung eines konkreten Feindes, so erklärte Macierewicz Anfang Dezember, dass sich seine Truppe die ersten Gefechte mit dem russischen Sonderkommando „Speznas“liefern werde.
Eine wirkliche Gefahr könnte die Miliz für politische Gegner im Inneren darstellen, glauben Kritiker. Denn die geplanten 17 Brigaden sind zwar in die Armee integriert, unterstehen jedoch nicht dem Generalstab sondern unmittelbar dem Verteidigungsministerium. Zudem weigerte sich die Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“(PiS) im Gesetzesentwurf für die WOTTruppen festzuhalten, dass diese politisch neutral bleiben sollten, wie dies die Opposition forderte. Inoffziell wird in Polen darum von ei- ner „Privatarmee“des Verteidigungsministers gesprochen. Macierewicz der ein Faible für Verschwörungstheorien pflegt, hat viele Gegner. Sechs frühere Verteidigungsminister haben den 67-Jährigen Mitte Mai aufgrund dessen rigoroser Reform der Armee bereits zum Rücktritt aufgefordert. Sorgen bereitet darum auch die Präambel für die Umsetzung von Aufgaben im Bereich der „Krisen-Regelung“Nach Angaben von Major Mariusz Kordowski, der an der Konzeption der Armee beteiligt war, sollen die Truppen an der Niederschlagung von etwaigen Migrantenaufständen teilnehmen.