Ein Musicus in XXX-Large am Jangtse: Waschbrettbauch und „A bissel fürs Herz“
Ihr Comeback in China feiern die Vereinigten Bühnen Wien (VBW) zwei Jahre nach „Elisabeth“: 40 Vorstellungen von „Mozart!“im Schanghai Culture Square Theatre (SCS) sind zugleich das 20-Jahr-Jubiläum der erfolgreichen internationalen Vermarktung von VBWMusical-Produktionen. Bisher wurde „Mozart!“von Michael Kunze (Libretto) und Sylvester Levay (Musik) – 1999 uraufgeführt – in acht Ländern gezeigt.
Groß ist die Begeisterung für Musicals in der 19Millionen-Metropole am Jangtse, Chinas größter Industriestadt: „Wie ein NachHause-Kommen“für Andrea Friedrichs. Die Gastspiel-Organisatorin koordiniert 120 fixe Mitarbeiter, u.a. vier Kinder als abwechselnde Mozart-Darsteller.
Sie hatte einige Hürden durch Probleme mit dem Zoll und – nach 193 bereits gebuchten Flügen – Streiks bei der Lufthansa zu bewältigen. Beim Kulissen-Transport mit der transsibirischen Eisenbahn wurden durch einen Brand eines defekten Waggons Kostüme und Perücken beschädigt. Fried- richs: „Hätten wir nicht spielen können, wären 200.000 Euro Kosten pro Tag entstanden.“
Nach fünf Wochen Proben in Duisburg letzte Checks in China vor der Premiere am Freitag: Die englischen und chinesischen Untertitel sind noch nicht perfekt. Da heißt Amadé am Display noch „die Made“.
Aber Ende gut, alles gut. Im SCS-Oval – mit knapp 2000 Plätzen die größte unterirdische Music Hall der Welt – ging Freitag der extralarge angefertigte Vorhang hoch. Die Drehbühne im Showdeck ist zum Greifen nah am Zuschauerraum plaziert. Und nur das Trockeneis verpasst vor der Pause seinen Auftritt.
Teure Tickets
Die Karten für die Show mit imposanten Großbildprojektionen kosten 80 bis 120 Euro, exorbitant viel für chinesische Verhältnisse. Für Schanghai ist „Mozart!“aber auch Prestige-Sache.
Groß ist jedenfalls die Begeisterung der fernöstlichen Musical-Fangemeinde. Für den Hauptdarsteller Oedo Kuipers sowieso. Mit dem Niederländer wird auf Plakaten großflächig ebenso geworben wie mit der Ex- Bachelorette Anna Hof bauer als Constanze Weber.
„Aber auch Maximilian Mann, hier der Erzbischof Colledo, hat hier viele Fans.“Und zeigt Waschbrettbauch. „Da standen schon beim Promotionauftritt 1800 schreiende Frauen“, erzählt der Co-Producer Robert Wann im KURIER Gespräch. „Jetzt lassen wir ihn den Bademantel gar nicht mehr zumachen. Sex sells, oder?“
„Ich bin jedes Mal so nervös wie vor einer Weltpremiere“, gesteht Levay und weiß als Bewohner eines Apartments in Schloss Schönbrunn aus eigener Beobachtung, „dass die Menschen in China und Japan sehr an Geschichte und interessanterweise vor allem an europäischer Geschichte interessiert sind“.
Erfolg mit Emotion
Kunze hat vom Veranstalter in Schanghai erfahren, „dass man schon auch USamerikanische Musicals nach China bringt, aber lieber noch Shows aus Europa, weil sie mehr historischen Hintergrund haben.“
Das Erfolgsgeheimnis des Duos in Asien? „Unsere Stücke haben eine große emotionale Wirkung“, so Kunze. „Gespielter Schulfunk wäre auch hier nicht erfolgreich.“
So punktet auch in Fernost, was Emanuel Schikaneder in „Mozart!“singt: „A bissel fürs Hirn und a bissel fürs Herz ... a bissel Klimbim und a bissel Mirakel ...“
Für Kunze war es „eine sehr berührende Erfahrung, dass die Emotion auch hier direkt rüberkommt. Dass das auch funktioniert in einer Kultur, die wir kaum kennen. Das ist ein schönes Erlebnis, weil es bedeutet, dass man sich etwas zu sagen hat. Und dass man sich auf dieser Ebene versteht. Welche Wärme, Freude und welches Verstehen da von den Fans zurückkommt, kann man kaum beschreiben. Das ist viel wert, und damit konnte man ja nicht rechnen, dass wir diese Wirkung erzielen.“