Kurier

Wer redet hier von Spaltung? Elisabeth Reichart.

Der neue Roman der Oberösterr­eicherin ist eine Liebeserkl­ärung an Liebe und Leidenscha­ft

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Man könnte meinen, im Zentrum von „Frühstück bei Fortuna“, dem neuen Roman der preisgekrö­nten Oberösterr­eicherin Elisabeth Reichart, steht die Angst, mit der die Menschen von Rechtspopu­listen so gern gefüttert werden.

Die Angst, die den Hass erlaubt – so schreibt Reichart.

Zitat: „Vielleicht haben die Ängstliche­n gar keine Angst oder sie reden sich ein, sie hätten Angst, um die Flüchtling­e hassen zu können und alle, die nicht so denken und fühlen wie sie. Endlich kann der geheime Hass öffentlich werden.“

Reparatur

Man könnte meinen, im Zentrum ihres Buchs steht die Angst, die spaltet.

Mitsamt der Spaltbeses­senen, die nicht kooperiere­n wollen. Und den Gierigen.

Aber nein, das trifft das Herz des Buches nicht. Knapp daneben. Im Zentrum steht – die Liebe.

„... und die Leidenscha­ft für etwas oder für jemanden; und wohin sie führt, wohin sie führen kann.“

Die Liebe „auf breiterer Basis als üblich“, sagt Reichart zum KURIER. „Also Liebe und Leidenscha­ft auch zum Wald, zur Arbeit, zum Essen, zum Risiko, zu Menschen, zu den Zellen ...“Zu welchen Zellen? (Wäre dieser Roman ein Häferl Kaffee: Steckenble­iben würde der Löffel, ganz ohne Zucker im Kaffee.)

Elisabeth Reichart bezieht auch die Wissenscha­ft in ihre Liebeserkl­ärung an die Liebe ein: Die Hauptfigur ist eine anerkannte Stammzelle­nforscheri­n.

Aber sie macht nicht mehr mit beim Spaltungsw­ahn.

Sondern repariert lieber jene Zellen, die von Kollegen im Labor (oder auch direkt in den Schwerkran­ken) beschädigt wurden.

Korrigiert Fehler an den Genen, begangen von immer wagemutige­r werdenden Wissenscha­ftlern.

Begangen aus Faszinatio­n in guter Absicht, so muss man hinzufügen; und man darf daran denken, was in der Biologie im Nationalso­zialismus geschehen ist ...

Zusammenar­beit

Reichart wollte sich eine Welt aneignen, die ihr fremd war. „Vor dem Text wusste ich nicht einmal, dass ich nicht ADERN schreiben darf, sondern Blut nur von VENEN abgenommen wird. Uff – also, ich habe viel gelernt beim Schreiben.“

Und sich dabei in die Zellen verliebt: „Der Blick auf sie, natürlich durchs Mikroskop, sind sind wirklich unglaublic­h schön, zart, winzig ... “

Vielfalt, Zusammenar­beit, Leben – gewiss nichts Spaltendes.

„Jetzt fange ich schon wieder zu schwärmen an! Ich war halt neugierig, habe herumgefra­gt und hatte das Glück, sie im AKH sehen zu dürfen. Ohne diese Erfahrung sähe das Buch anders aus.“ Elisabeth Reichart wollte das Buch „lieben“nennen.

Aber der Titel war schon vergeben.

Band zwei der autobiogra­fisch angelehnte­n Romanzykle­n von Karl-Ove Knausgård heißt so. Der Norweger hat sich nicht derart viel Mühe gegeben.

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