„Mugshots“: Thomas Glavinics gelungenes Debüt als Dramatiker und Regisseur
Kritik. Es beginnt wie Tausende Boulevardstücke: In einer schicken Wohnung erwacht ein Mann, Christoph, mit einem mörderischen Brummschädel. Weiters befinden sich im Raum: Jede Menge leere Flaschen, eine zerbrochene Büste der Kaiserin Elisabeth – und eine nackte, ihm unbekannte Frau.
Thomas Glavinics Debüt als Dramatiker – das der Autor nach Konflikten im Vorfeld kurzerhand selbst inszenierte – tarnt sich als ganz normales „well made play“: Jemand versucht zu rekonstruieren, was in der Nacht vorher passiert ist, das verspricht amüsante Verwicklungen und viel Haha.
Aber in Glavinics Text schleicht sich bald ein ungemütliches Gefühl ein, die Komödie läuft aus dem Ruder: Im Gespräch mit der jungen Frau wird Christoph klar: Offenbar ist er in der Nacht davor zu weit gegangen. Offenbar hat er im Alkoholüberschwang, mitgerissen durch seine eigene gutmenschliche Eitelkeit, ein Versprechen gegeben, das er kaum halten kann. Ein Versprechen, das ihn und die Frau in Gefahr bringt. Und plötzlich wird der vermeintlich so sichere Boden der selbstinszenierten Identität schwankend.
Christoph Rothenbuchner als verklemmter Bobo-Erfolgsschnösel mit schwieriger Kindheit, und Nadine Quittner als undurchsichtige, zwischen Verzweiflung und Manipulation schwankende Schönheit spielen ausgezeichnet. Thomas Glavinic hat seinen eigenen, starken, viele unangenehme Fragen stellenden Text geschmeidig in Szene gesetzt.
Viel Applaus.