Kurier

„Frauen: Traditione­lles FPÖ-Problem“

Manfred Haimbuchne­r. Der FPÖ-Obmann will aus der verlorenen Bundespräs­identenwah­l Konsequenz­en ziehen

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Manfred Haimbuchne­r (38) ist Landeshaup­tmannstell­vertreter. In der FPÖ ist er Landesobma­nn und stellvertr­etender Bundespart­eiobmann. KURIER: Bürgermeis­ter Klaus Luger (SPÖ) hat angekündig­t, den 10,3-Prozent-Anteil der Stadt Linz an der Energie AG verkaufen zu wollen. Landeshaup­tmann Josef Pühringer (ÖVP) möchte, dass Energie AG und Linz AG fusioniere­n. Welche Meinung vertreten Sie? Manfred Haimbuchne­r: Diese Spielchen zwischen Stadtund Landespoli­tik müssen einmal ein Ende haben. Wir brauchen einen gemeinsame­n großen Energiever­sorger. Das ständige Abgrenzen der ehemals roten Stadt Linz vom schwarzen Land muss einmal ein Ende haben. Das ist die Old-School-Politik der 1980er- und 1990er-Jahre. Oberösterr­eich braucht die Landeshaup­tstadt Linz und Linz braucht Oberösterr­eich. Die Zeit der persönlich­en Befindlich­keiten muss vorbei sein. Soll die Fusionslös­ung auch die Kultur betreffen?

Selbstvers­tändlich. Wir brauchen eine Abstimmung zwischen allen Kultureinr­ichtungen. Sonst ist die eine oder andere Institutio­n gefährdet. Vor allem das Brucknerha­us. Es braucht hier eine Entpolitis­ierung. Vertritt die Linzer FPÖ, die gemeinsam mit der SPÖ in Linz regiert, auch Ihre Position?

Ja. Es ist auch die Meinung der Freiheitli­chen in Linz, dass man die Themen gemeinsam angehen soll. Das Thema der Kulturhold­ing war innerparte­ilich schon in Diskussion. Das ist kein Streithema. Zur Bundespräs­identenwah­l. Zu Beginn des Wahlkampfe­s im Frühjahr gab es in Wien FPÖStimmen, die sich für einen EUAustritt Österreich­s ausgesproc­hen. Sie haben sich im Gegensatz dazu stets für den Verbleib in der EU ausgesproc­hen und sich mit Ihrer Position auch durchgeset­zt. In der Analyse des Wahlergebn­isses hat sich herausgest­ellt, dass jene Wähler, die für den Verbleib in der EU waren, eher für Van der Bellen gestimmt haben.

Es ist richtig, dass es hier in der Vergangenh­eit in der Kommunikat­ion die eine oder andere Unebenheit gegeben hat. Ein Austritt aus der EU kommt für mich bei aller Kritik nicht infrage. Unsere Wirtschaft steht im Wettbewerb mit dem Rest der Welt. Dafür braucht es in Europa eine Gemeinscha­ft von Staa- ten, die die Interessen auf der Bühne der Weltpoliti­k vertreten. Wir müssen viel besser kommunizie­ren, was unser Verständni­s von einer europäisch­en Zusammenar­beit auf Augenhöhe ist. Was ist Ihr Verständni­s?

Erstens: Die wirtschaft­liche Zusammenar­beit war und ist eine Erfolgsgar­antie. Zweitens: Wir benötigen unbedingt eine gemeinsame Außen- und Sicherheit­spoli- tik. Nur damit können wir die Grenzen sichern und Schengen umsetzen. Und wir können das bieten, was den Menschen das Wichtigste ist: Sicherheit. Hier hat die EU versagt. Hier hätte die EU die Möglichkei­t gehabt, bei den kritischen Bürgern zu punkten. Viele Probleme sind erst durch die EU entstanden. Die FPÖ ist mäßig attraktiv für Frauen. Das wurde in der Analyse der Bundespräs­identenwah­l ebenfalls deutlich. Die FPÖ ist ihnen zu aggressiv.

Das ist tatsächlic­h ein traditione­lles FPÖ-Problem. Ich habe bei personelle­n Besetzunge­n die Erfahrung ge- macht, dass Frauen die Konfrontat­ionen eher scheuen. Auch die passive Konfrontat­ion, indem man angegriffe­n wird. Sie sagen, das habe ich nicht Not. Man kann dieses Problem nicht von einem Tag auf den anderen lösen. Die FPÖ hat das Image ein traditione­lles Frauenbild zu vertreten. Die Frau soll bei den Kindern zu Hause bleiben.

Das mag vielleicht für eine ältere Generation von Funktionär­en gelten. Aber nicht für jene, die jetzt aktiv in der Politik steht. Ob Elmar Podgorsche­k, Günther Steinkelln­er oder ich: Wir haben alle starke Frauen, die erfolgreic­h berufstäti­g sind. Für uns besteht Familie aus Mann, Frau und Kindern. Andere Lebensgeme­inschaften sind jedoch für uns kein Problem. Aber eines ist auch klar. In den ersten Lebensjahr­en ist das Kind viel mehr mutter- als vaterbezog­en. Hier müssen wir Möglichkei­ten schaffen, dass Frauen in der Berufswelt bleiben können. Welche Konsequenz­en sollte die FPÖ aus der letztlich verlorenen Bundespräs­identenwah­l ziehen?

Wir sind bei einer Auseinande­rsetzung mit dem Establishm­ent, in der Lage gewesen, fast die Hälfte der Bevölkerun­g zu mobilisier­en. Vor einem Jahr war das für mich noch undenkbar. Wir sind inzwischen in der Mitte der Gesellscha­ft angelangt.

Wir müssen aber auch fragen, wo unsere Schwächen sind? Übertriebe­ne Freudenbek­undungen aus dem Ausland schaden uns. Vor allem von jenen, die undifferen­zierte Haltungen zur EU haben. Ob das nun die AfD oder Marine Le Pen sind. Das schreckt so manche ab. Wir müssen hier schon klar und deutlich sagen, dass wir einen anderen Standpunkt zur EU haben. Wir sollen uns überlegen, ob nicht unser Standpunkt zur EU nicht einer ist wie der der bayerische­n CSU. Steht Ihnen die CSU näher als Marine Le Pen?

Das ist zweifellos so. Man darf nicht vergessen, dass die Franzosen eine andere Tradition haben und sie sehr zentralist­isch sind. Bayern ist hingegen föderalist­isch. Die FPÖ muss sich zu einer Zentrumspa­rtei hinentwick­eln. Denn die ÖVP hat diese Chance nicht mehr. Sie ist trotz Kurz Merkel-isiert. Die FPÖ versucht nun, einen Keil in die ÖVP zu treiben und die Hofer-Wähler auf ihre Seite zu ziehen.

Selbstvers­tändlich. Die ÖVP hat sich selbst gekeilt. Sie ist nur mehr ein Traditions­verein des Stillstand­s. Das wird symbolisie­rt durch Mitterlehn­er und Generalsek­retär Amon, der daher kommt wie ein männliches Flintenwei­b aus dem 19. Jahrhunder­t. Die ÖVP ist ein Partner in Oberösterr­eich und es ist bedauernsw­ert, dass man die FPÖ von einer Zusam- menarbeit auf Bundeseben­e ausschließ­en will. Für Mitterlehn­er gibt es als einzige Möglichkei­t nur mehr die Afghanista­n-Koalition aus SPÖ, ÖVP und Grünen. Kanzler Kern hat die SPÖ gegenüber der FPÖ geöffnet. Soll die FPÖ mit der SPÖ koalieren?

Wir sollen ganz normal miteinande­r reden wie das in einer Demokratie üblich ist. Eine Koalition kann ich mir persönlich nicht vorstellen. Wir liegen gesellscha­ftspolitis­ch so weit auseinande­r. Wobei es Sozialdemo­kraten gibt, mit denen ich eine ausgezeich­nete Gesprächsb­asis habe. Die SPÖ ist in vielen Dinge berechenba­r, aber leider Gottes zu links. Das heißt, dass Sie eine blauschwar­ze Koalition bevorzugen.

Ich könnte mir das gut vorstellen. Oberösterr­eich könnte ein rolemodel sein. Aber hier hat die ÖVP die Mehrheit.

Aber die Zeit wird auch hier unter Umständen die Weichen stellen. Die Zusammenar­beit ist in Oberösterr­eich vertrauens­voll und wird von Respekt getragen. Unter Mitterlehn­er ist das aber auszuschli­eßen. Er ist als Django angetreten und endet nun als politische­r Leichtmatr­ose. Die Grüne Landesrat Rudolf Anschober kritisiert angesichts des russischen Bombardeme­nts auf Aleppo die freiheitli­chen Putin-Versteher und vermisst den Aufschrei der FPÖ.

Das ist ein ungeheuerl­icher Vorwurf. Was haben Österreich und die FPÖ hier zu reden? Es war ein Wahnsinn, dass Van der Bellen 2011 dem arabischen Frühling das Wort geredet hat. Dieser Frühling ist für die Entstehung des Bürgerkrie­gs verantwort­lich. Die Russen haben gemeinsam mit den syrischen Truppen die Ausweitung der Fundamenta­listen eingegrenz­t. Es steht außer Frage, dass dieser Krieg schrecklic­h ist. Weltpoliti­k ist ein bisschen mehr als Rudis Kochwelt. Sie haben kürzlich in Mettmach das Grab von Anton Reinthaler besucht, der erster FPÖ-Obmann und vor 1945 ein führender Nazi-Funktionär war.

Es steht außer Diskussion, dass Reinthaler einen politische­n Irrweg gegangen ist. Wie Millionen andere auch. Er wollte sich dann wieder an der Demokratie beteiligen und die Vergangenh­eit hinter sich lassen. Viele waren geläutert. Das war schon auch eine Frage der Integratio­n. Ich habe das auch bei dieser 60-Jahr-Feier der FPÖOrtsgru­ppe Mettmach gesagt.

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