Rechtsradikale Mit neuen Gesetzen gegen neue Extremisten
Rassistische und rechtsradikale Delikte stiegen 2016 an. Die Politik will nun gegensteuern
Die Terroranschläge in Europa liefern den Rechten neue Sympathisanten. Auch in den sogenannten sozialen Netzwerken stieg 2016 die Zahl von strafrechtlich relevanten Verhetzungen. Die neuen Rechten wie die Identitäre Bewegung nutzen diese Netzwerke intensiv, um ihre Inhal- te zu verbreiten. Sie sind damit bereits in den Fokus des Verfassungsschutzes geraten. Innenminister Wolfgang Sobotka will nun eine Gesetzesänderung, bei der künftig die Mitgliedschaft einer staatsfeindlichen Verbindung straf bar werden kann.
Die verheerende Serie der Terroranschläge 2016 in Deutschland, frankreich und Belgien liefert dem in Europa wachsenden Rechtsradikalismus nicht nur fadenscheinige Argumente, sondern bringt auch Sympathien unter der normalen Bevölkerung.
„man darf Terroranschläge nicht isoliert betrachten. Auch die Themen migration und Asyl befeuern die aktuelle Entwicklung“, spricht Peter gridling, Direktor des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung von einem „Aufwind im rechten lager“.
Der zeigt sich unter anderem durch steigende rassistische und rechtsextreme Äußerungen sowie durch mehr Strafanzeigen wegen Verhetzung. Allerdings gingen gegenüber 2015 im ersten halbjahr 2016 die straf baren Delikte beim Verbotsgesetz (Wiederbetätigung) zurück (siehe Grafik).
Aufgeheizte Stimmung
Albert Steinhauser, grüner justiz- und Datenschutzsprecher, er verfasst auch den Rechtsextremismus-Bericht, ortet eine aufgeheizten Stimmung in der Bevölkerung: „Das Thema wird uns 2017 weiter beschäftigen. Denn die Rechten setzten flüchtlinge und migration als mobilisierung ein.“Und der Datenschutzexperte unterstreicht, dass die Rechten die sozialen medien perfekt nutzen: „Was früher der WirtshausStammtisch war, sind jetzt facebook und Twitter. Die Verbreitung von rechtspopulistischem gedankengut geht somit rasend schnell.“
Steinhauser sieht die klassischen neonazis in kampfstiefeln, mit einschlägigen Tätowierungen und dem hit- lergruß eher als Auslaufmodell: „Die neuen Rechten, mit ihrem doch harmlosen Auftreten, besserer Bildung und einer geballten medienkompetenz sind die gefährlichen nachfolger. Denn sie rücken in die politische mitte. Diese Strategie ist gefährlich.“
Ein aktuelles Beispiel sind die identitären. in landesverbänden organisiert, zählt die rechtspopulistische Vereinigung (Eigendefinition) an die 1000 eingetragene mitglieder. Das netzwerk reicht, so insider, weit in die deutsche neonazi-Szene. Die internetpräsenz ist hoch professionell, es gibt einen förderverein und periodisch abgehaltene Stammtische ( siehe Interview unten). innenminister Wolfgang Sobotka kennt bei dieser gruppierung keinerlei Toleranz: „hier kann man nicht von Rechtspopulismus sprechen. Das sind klassische Rechtsradikale.“nachsatz des innenministers: „gegenüber den Rechtsradikalen ist die Sensibilität in der Bevölkerung größer geworden. man soll den Behörden jede negative Beobachtung zum Thema melden. Wehret den Anfängen.“Verfassungsschützer gridling im klartext: „Selbstverständlich haben wir diese herrschaften auf dem Radar.“
Politik setzt Maßnahmen
Um den neuen Rechten auch über das gesetz habhaft zu werden, setzt die Politik nun maßnahmen. Sobotka: „im Sinne der allgemeinen Sicherheit ist es meine Verantwortung, das aufzuzeigen und an lösungen mitzuwirken.“Aktuell arbeiten juristen des justizministeriums eine Änderung des Paragrafen 246 des Strafgesetzbuches aus. Dieses gesetz bestraft die gründung einer staatsfeindlichen Verbindung mit bis zu fünf jahren haft. hintergrund: Schon die mitgliedschaft in solchen Verbindungen könnte straf bar werden. Und es steht die Definition des Vorfeldes zu einer kriminellen handlung in Diskussion.
innenminister Sobotka geht davon aus, dass die gesetzesnovelle bis zum frühjahr die Begutachtungsphase durchlaufen haben wird: „Die formulierungen sind fast fertig.“
„Gegenüber den Rechtsradikalen ist die Sensibilität in der Bevölkerung größer geworden.“ Wolfgang Sobotka Innenminister
„Selbstverständlich haben wir die Herrschaften der Identitären auf dem Radar.“ Peter Gridling Verfassungsschutz-Direktor