Abseits der Schokoladenseite Côte d’Ivoire.
Der Einzelne kann sich schwer aus der Armut befreien. Der Staat hofft auf Investoren
Frederic ist Herr über die einzige Stromquelle im Dorf Tiemokokro, 120 Kilometer von der westafrikanischen Millionenstadt Abidjan entfernt. Auf dem Dach seiner kleinen Hütte liegt eine Solarzelle, an die eine Autobatterie angeschlossen ist. An dieser wiederum hängen ein halbes Dutzend Handys von Dorf bewohnern, die die Ladestation gegen Bezahlung nutzen. Ein guter Zuverdienst für Frederic, unter dessen Dach 20 Familienmitglieder leben.
Es ist aber nicht die Stromversorgung, die den Bewohnern Tiemokokros Sorge bereitet. Immer wieder ist die Pumpe des Dorf brunnens defekt, und es gibt es kein Trinkwasser mehr. Die Frauen müssen dann kilometerweit zur nächsten Quelle gehen, denn der Gemeinde fehlt das Geld für die Reparatur. Dennoch ist Tiemokokro auch so etwas wie ein Vorzeigedorf – es wird weithin als das Dorf mit der Schule bezeichnet. Als Mitglieder einer Fairtrade-Kooperative entschieden sich die Bauern für diese Schule – bezahlt mit der Fairtrade-Prämie. In einem Land mit einer Analphabetenrate von rund 50 Prozent keine Selbstverständlichkeit.
„Virus“auf Beutezug
Die Côte d’Ivoire (übersetzt Elfenbeinküste) ist nach Bürgerkriegen und der konfliktreichen Amtsübernahme durch Präsident Alassane Ouattara zwar wieder auf einem Wachstumspfad, aber nicht alle profitierten vom Wirtschaftswachstum. Viele sind vor der Armut auf dem Land in die Stadt geflüchtet, wo sie nun in Gettos leben. „Nach 18 Uhr ist es gefährlich, in Viertel wie Abobobo oder Yopougon zu gehen“, warnt Augustin S. Agnimel Neuankömmlingen in Abidjan. In den Armenvierteln der Stadt sind die „Viren“unterwegs, erzählt der Ivorer und meint damit Jugendbanden, die sich nach dem Bürgerkrieg 2010 formiert haben. Die Jugendlichen nennen sich selbst Viren. „Viele von ihnen waren einst Kindersoldaten, sie gehören zu den Verlierern des Bürgerkriegs, die unter dem nun wiedergewähl- ten Regime keinen Job gefunden haben und so aufs Stehlen angewiesen sind.“Mit Baseballschlägern und Messern bewaffnet würden