Simon Ammann, oder: Wenn er nur aufhören könnt’
Abwärtstrend. Man musste schon genau hinsehen, um Simon Ammann in der Ergebnisliste von Garmisch auszumachen. Sein Name war nur mehr in der Rubrik Hill Data zu finden, und auch dort in kaum leserlichen Buchstaben – zumindest als Inhaber des Schanzenrekords (143,5 m aus dem Jahr 2010) schafft es der Schweizer noch auf die erste Seite der Resultatsliste.
Jahrelang hatte der vierfache Olympiasieger rund um die Tournee immerfort nur eine Frage beantworten müssen. Wann er, der in seiner Karriere nahezu alles gewonnen hat, was es auf Sprungschanzen zu gewinnen gibt, denn endlich auch einmal bei der prestigeträchtigen Vierschanzentournee ganz oben stehen würde. Mit solchen Themen wird Ammann längst nicht mehr belästigt, seit seinem folgenschweren Sturz vor zwei Jahren in Bischofshofen fragen sich vielmehr viele, wieso sich der 35-Jährige das alles überhaupt noch antut.
Der einstige Strahlemann des Skispringens ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Ein 21.Rang war in diesem Winter bisher das Höchste der Gefühle, in Garmisch musste Ammann im Finaldurchgang zusehen, nachdem er bereits in Oberstdorf die Punkteränge verpasst hatte. Geht da gerade heimlich, still und leise eine der erfolgreichsten Karrieren der Skisprunggeschichte zu Ende?
Simon Ammann selbst redet nicht gerne über dieses Thema, viel lieber spricht er über die Herausforderungen und Aufgaben, die er auf der Schanze noch zu meistern hat. Als Konsequenz auf seine Stürze hat er auf seine alten Tage noch einmal die Telemark-Landung umgestellt – vom linken auf das rechte Führbein. Und ehe er nicht auch mit dieser neuen Technik und einer flacheren Flugkurve einen Erfolg landet, will er auch nicht abtreten. Sogar ein weiterer OlympiaStart, es wäre bereits Ammanns sechster seit 1998, ist nicht mehr auszuschließen.
Ohnehin plant der Routinier im Hintergrund parallel bereits seinen Absprung ins Berufsleben. Ammann sitzt im Verwaltungsrat der Toggenburg Bergbahnen AG und ist Teilhaber einer Sportagentur. Deren prominentester Klient: sein deutscher Konkurrent Severin Freund.