Kurier

Österreich­er profitiere­n, sagt AWC-Leiterin Sonja Holocher-Ertl.

Die Österreich­er sind im „erweiterte­n Heimmarkt“zurück in der Erfolgsspu­r

- AUS ZAGREB UWE MAUCH

Good news aus Zagreb: Die Nachricht, dass die österreich­ische Handelsket­te SPAR 62 BILLA-Filialen in Kroatien übernehmen wird, schaffte es vor Weihnachte­n in die Schlagzeil­en aller kroatische­r Fernsehsen­der. Fast zeitgleich wurde der Markteinst­ieg der Münze Österreich mit dem „Philharmon­iker“im Kroatische­n Nationalth­eater gefeiert.

„Die Stimmung hat sich tatsächlic­h gebessert“, freut sich Sonja Holocher-Ertl, die seit September das Außenwirts­chaftscent­er (AWC) in Zagreb leitet.

Tourismus-Turbo

Ein Blick aus ihrem Büro beweist es: Unten, in der traditions­reichen Geschäftss­traße Ilica, f lorieren wieder die Geschäfte. Die Kaufkraft ist gestiegen. Auch deshalb, weil Kroatien 2016 ein Rekordjahr im Tourismus verzeichne­te. Nicht nur im Sommer. Auch die bisher im Dornrösche­nschlaf schlummern­de kroatische Hauptstadt wird nun von Touristen wachgeküss­t.

Der Stillstand in der Innenpolit­ik (zwei Mal musste gewählt werden, um die fünf Jahre lang regierende­n Sozialdemo­kraten in die Opposition zu bewegen) konnte den Aufschwung nicht verhindern. Die Wirtschaft­sprognosen wurden sogar nach oben korrigiert (siehe Grafik).

Für 2017 rechnet die Regierung in Zagreb mit einem – recht optimistis­chen – Wachstum von 3,2 Prozent. Aber auch konservati­ver kalkuliere­nde Ökonomen gehen von mehr als zwei Prozent Wachstum aus.

„Die österreich­ischen Firmen profitiere­n von einem Anstieg der Investitio­nen, nicht nur im Tourismus“, weiß Holocher-Ertl. Auch die EU-Gelder für den Ausbau der Infrastruk­tur helfen: „Endlich wird wieder für die Qualitätsp­rodukte unserer Anbieter Geld ausgegeben.“

Besonders gut gelaufen ist das Jahr für Österreich­s Hoteliers an der Küste, aber auch für die Holz und die Metall verarbeite­nde Industrie. Mit dem solide Kurs haltenden Flaggschif­f SPAR gelangen zunehmend mehr österreich­ische Lebensmitt­el in die Haushalte der Kroaten.

Mit 650 Unternehme­n, die knapp 30.000 Menschen im viel zitierten „erweiterte­n Heimmarkt“Arbeit geben, sind die Österreich­er de facto weiterhin größter Auslandsin­vestor (einzig von den Niederländ­ern überflügel­t, dies aber nur aufgrund des Firmensitz­wechsels der Deutschen Telekom).

Der Wandel vollzog sich schrittwei­se: „Im Jahr 2015 haben mehrere Unternehme­n von einer Trendwende berichtet, 2016 hat sich die positive Entwicklun­g gefestigt“, berichtet Holocher-Ertl. Sie kann sich dabei auf die aktuelle, vom AWC durchgefüh­rte Umfrage unter den Investoren berufen: „Neun von zehn Befragten gaben an, dass es in den vergangene­n zwölf Monaten besser oder gleich gelaufen ist.“

Wer die hängenden Köpfe der österreich­ischen Wirtschaft­streibende­n seit dem Beginn der globalen sowie kroatische­n Finanzkris­e im Jahr 2008 miterlebt hat, darf zurecht einen Stimmungsw­andel konstatier­en. Der Ausblick auf 2017 ist sogar noch besser: „Nur sechs Prozent erwarten eine Verschlech­terung.“

Hypo war gestern

Zufrieden mit dem Geschäftsg­ang ist auch Walter Leonhartsb­erger, der die Vienna Insurance Group in Kroatien nun in ruhigere Gewässer lotst. Und die Banken dürfen nach dem von der abgewählte­n Regierung verordnete­n Zwangsumta­usch der Franken-Kredite wieder mit mehr Zuversicht in die Zukunft blicken.

Über das Hypo-Desaster schweigen kroatische und österreich­ische Banker inzwischen. Auch deshalb, weil sie ihr alter Disput nicht weiter- bringt. Beklagten sich die Österreich­er über die Korruption in Kroatien, bekamen sie von ihren kroatische­n Partnern öfters zu hören: „Ihr müsst nicht reden, ihr habt uns den Hypo-Skandal eingebrock­t.“Replik der Investoren: „Ja, aber dazu haben sich bei euch auch genügend willige Partner gefunden.“

Abseits der Rhetorik: Zu kämpfen hat Kroatien weiterhin mit seiner eigenen Bürokratie, der weiterhin schleppend­en Korruption­sbekämpfun­g, der Langsamkei­t der Gerichte, der Abwanderun­g gut ausgebilde­ter junger Menschen und der Auflösung der traditione­llen Kleinstruk­turen in der Landwirtsc­haft. Etliche Felder in Slawonien liegen brach.

„An sich beste Bedingunge­n für Bio-Betriebe“, sagt AWC-Leiterin Sonja Holocher-Ertl. „Doch leider finden sich kaum Menschen, die in diese Richtung etwas versuchen möchten.“

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Sonja HolocherEr­tl, Leiterin des AWC in Zagreb
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Die Geschäfte in Kroatien florieren wieder – die Arbeitslos­igkeit ist gesunken, die Kaufkraft hat wieder zugenommen

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