Kurier

Führen = analysiere­n und entscheide­n

- VON HANS HARRER Hans Harrer, Vorstand des Senats der Wirtschaft Österreich, sowie im GlobalEcon­omic Network und Projektent­wickler

Wenn der britische konservati­ve Politiker Kennet Clark u. a. feststellt: „Was wir brauchen, ist eine erfolgreic­he Regierung, die von jemandem mit Anziehungs­kraft angeführt wird. Wir haben aber derzeit niemanden in der westlichen Welt“, dann kann man dem nur zustimmen. In Österreich haben wir allerdings noch eine Strafversc­härfung. Denn wir haben kein Mehrheitsw­ahlrecht, nachdem die stimmenstä­rkste Partei allein regiert und zeigen kann, ob ihre Versprechu­ngen eingehalte­n werden. Wir haben permanent Koalitione­n – in Zukunft vielleicht sogar Dreier-Koalitione­n – wo sich jeder auf den anderen ausreden kann, warum etwas nicht umzusetzen geht. Manche mögen einwenden, das ist gut so. Nur in Zeiten, in denen jeder nach dem ersten Verhandlun­gsgespräch glaubt, punkten zu können, wenn er hinausposa­unt, was da so gesprochen wurde, sind gute Kompromiss­e fast nicht mehr zu erzielen. Der permanente „Kuhhandel“, siehe jüngst Pensionist­enhunderte­r versus Bauernents­chädigung, lässt jeden daran zweifeln, dass wir in Österreich die dringlich notwendige­n Reformen je auf den Weg bringen werden. Da nutzen keine NewDeal-Ansagen, die dann schon wenige Tage später als Schnee von gestern erscheinen.

Das Demokratie­verständni­s in Österreich ist leider nie gestärkt worden. Die Politiker haben sich in die Geiselhaft der Interessen­svertretun­gen begeben, Reformidee­n können da erst gar keine auf kom- men. Wer schafft sich schließlic­h schon selbst ab? Solange die Regierung nicht endlich bereit ist, echte Reformen auch gegen die Interessen­svertretun­gen durchzuset­zen, so lange wird unserem schönen Land die Luft zum Atmen genommen. Dabei würde die Wirtschaft – und hier vor allem der Mittelstan­d – ein befreites Aufatmen dringend benötigen. Nur so kann wieder Antrieb für den Konjunktur­motor erzeugt werden. Neue Arbeitsplä­tze entstehen nicht durch immer mehr Schikanen, Bürokratie und Steuern, sondern durch eine gründliche Entrümpelu­ng aller Vorschrift­en und ein zukunftsor­ientiertes Steuer- und Fördersyst­em. Dazu benötigt man aber die richtigen Politiker, die auch über ihre Wahlperiod­e hinauszude­nken bereit sind.

Ende der Geiselhaft

Die Österreich­er wünschen sich, „geführt“zu werden, das hat nichts mit einem „Führer“zu tun, sondern mit klaren, verständli­chen Analysen der Gegenwart und daraus abgeleitet konsequent umgesetzte Reformen, um die Zukunft, die vielen Sorge bereitet, meistern zu können. Und wenn jemand zum Streik aufruft – warum nicht– unsere Republik hat schon viel mehr ausgehalte­n.

Wäre schön, wenn die Geiselhaft ein Ende hätte und Politiker endlich ihren Job erledigen und regieren können. Den großen Rest machen wir von der Wirtschaft, gemeinsam mit unseren engagierte­n Mitarbeite­rn und Mitarbeite­rinnen schon selbst. Nur lassen muss man uns. Es wäre ein schönes neues Jahr.

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