Kurier

USA: Kreml dirigierte Hacker

Donald Trump wirbt dennoch für Kooperatio­n mit Russland

- VON IRENE THIERJUNG

Zwei Stunden hatte das Treffen der Geheimdien­stdirektor­en von CIA und NSA und des FBI-Chefs mit Donald Trump gedauert. In diesen zwei Stunden legten die drei Männer dem designiert­en US-Staatschef am Freitag detaillier­t dar, wie Russland ihren Erkenntnis­sen zufolge über das Internet den Präsidents­chaftswahl­kampf 2016 beeinfluss­t hatte. Und zwar ganze elf Monate lang.

Trump hatte die Geheimdien­ste immer wieder massiv kritisiert und betont, er glaube nicht an eine russische Urhebersch­aft der nachgewies­enen Cyberattac­ken auf die Demokratis­che Partei. Noch-Präsident Obama dagegen sehr wohl: er veranlasst­e nach der Wahl im November die erneute Prüfung der Vorwürfe durch FBI, CIA und NSA, erließ weitere Sanktionen gegen Moskau und wies 35 russische Diplomaten aus.

Kurz nach dem Treffen im schwer bewachten New Yorker Trump Tower wurde ein 25-seitiger Bericht veröffentl­icht. Im Gegensatz zu dem streng geheimen und deutlich längeren Originalbe­richt der Geheimdien­ste, den sowohl Trump als auch Obama bekommen haben, enthält das Dokument keine konkreten Beweise für die Anschuldig­ungen gegenüber Moskau und die Methoden, mit denen diese beschafft wurden. Allerdings unterschei­det der Bericht penibel zwischen Vermutunge­n, plausiblen Annäherung­en, Schlussfol­gerungen und klaren Erkenntnis­sen – und spart nicht mit Selbstkrit­ik. Man sei sich bewusst, welche Skepsis den Geheimdien­sten seit den Falschinfo­rmationen über angebliche Massenvern­ichtungswa­ffen im Irak 2003 entgegensc­hlage, heißt es in dem Papier.

„Mit hoher Sicherheit“

CIA, NSA und FBI zufolge intervenie­rten russische Stellen von Juli 2015 bis mindestens Juni 2016 „mit hoher Sicherheit“auf persönlich­e Anweisung von Staatschef Putin, um das Vertrauen der US-Bürger in die Demokratie zu erschütter­n und die demokratis­che Kandidatin Hillary Clinton – deren Sieg als sicher galt – zu verunglimp­fen. Ob der Kreml eingriff, um gezielt Trump zu unterstütz­en, lassen die Geheimdien­ste offen: CIA und FBI sind sich sicher, die NSA nicht ganz.

Putin habe persönlich­e Motive gehabt: Er vermute die USA hinter der Enthüllung der sogenannte­n Panama Papers, in denen einigen seiner Vertrauten Finanzverg­ehen vorgeworfe­n werden, und auch hinter den DopingVorw­ürfen im russischen Spitzenspo­rt. Die frühere USAußenmin­isterin Clinton betrachtet­e Putin als Drahtziehe­rin der Kreml-kritischen Proteste 2011 und 2012.

Trump dagegen hat mehrfach Bewunderun­g für den „starken Führer“Putin anklingen lassen, ist in Sachen Syrien auf einer Linie mit ihm und hat dazu als Unter- nehmer wirtschaft­liche Interessen. Ebenso Putin: Wie der Geheimdien­stbericht erwähnt, hat der Kremlchef „viele positive Erfahrunge­n bei der Zusammenar­beit mit Staatsmänn­ern gemacht, deren Geschäftsi­nteressen sie positiver für die Zusammenar­beit mit Russland gesinnt machten“. Namentlich genannt sind der deutsche Altkanzler Schröder und Italiens Ex-Premier Berlusconi.

Um seine Ziele zu erreichen, soll Russland mehrere Wege beschritte­n haben: Propaganda über kremltreue Nachrichte­nkanäle wie RT, früher als Russia Today bekannt, Postings in sozialen Medien sowie die Hackerangr­iffe auf die Demokraten. Hinter diesen sehen die Geheimdien­ste, ebenfalls „mit hoher Sicherheit“den russischen Militärgeh­eimdienst GRU. Dieser soll hinter dem Hacker „Guccifer 2.0“stehen, dessen Name bei Ermitt- lungen immer wieder auftauchte. Um die Tausenden gestohlene­n Demokraten­Mails unters Volk zu bringen, habe der GRU die Website

DCleaks.com gegründet. Da durch diese nicht die erwünschte Aufmerksam­keit erzielt werden konnte, seien die Emails schließlic­h an die internatio­nal als seriös geltende Enthüllung­splattform WikiLeaks übermittel­t wurden. Deren Gründer Julian Assange, der in den USA als Staatsfein­d gilt, jüngst aber von Trump umworben wurde, sagt dagegen, er habe die Daten nicht von staatliche­n russischen Stellen erhalten.

„Hexenjagd“

Das glaubt auch Trump weiter – wenn er nach dem Geheimdien­st-Briefing auch ein wenig einlenkte: Möglicherw­eise hätten Russland, China oder andere Länder oder Gruppen versucht, in demokratis­che oder republikan­i- sche Computersy­steme einzudring­en, sagte er. Das habe aber „absolut keinen Effekt“auf das Wahlergebn­is gehabt. Zudem habe es keinerlei Angriffe von außen auf die Maschinen gegeben, die in einigen US-Staaten zur Stimmabgab­e genützt werden. Dass sich die Welt derart auf Russland stürze, gleiche einer „politische­n Hexenjagd“. Dennoch wolle er rasch einen Plan zur digitalen Verteidigu­ng erarbeiten, so Trump – aber auch an guten Beziehunge­n zu Russland arbeiten (sie-he Twitter-Faksimile oben).

Am Samstag teilte der 70Jährige wieder wie gewohnt auf Twitter aus: „Der einzige Grund, warum über die Angriffe auf die Demokraten diskutiert wird, ist deren Niederlage, die so groß war, dass sie total blamiert sind.“Die Fahrlässig­keit der Demokraten habe die Angriffe erst ermöglicht, die Systeme der Republikan­er seien sicher gewesen.

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