Kurier

Minister will Kleidung, die auf Religion schließen lässt, in der Justiz verbieten

- – KARIN LEITNER (regulär ist die nächste 2018). – KARIN LEITNER

Objektivit­ätsgrund. Nun bringt sich auch Justizmini­ster Wolfgang Brandstett­er in die Debatte über ein Kopftuchve­rbot im Öffentlich­en Dienst ein. Integratio­nsminister Sebastian Kurz will ein solches.

Brandstett­er tut das auch – was seinen Bereich anlangt. „Weil der Eindruck der Objektivit­ät und der Neutralitä­t in der Hoheitsver­waltung nach außen, also von Richtern und Staatsanwä­lten, nicht beeinträch­tigt werden darf. Da darf es nicht den geringsten Zweifel geben“, erläutert Brandstett­er im KURIER-Interview. Für die Justiz gelte ja auch, dass Zeugen vor Gericht nicht vermummt auftreten dürfen. „Das ist seit jeher Judikatur, weil es auch eine nonverbale Kommunikat­ion gibt.“

„Kein Herauspick­en“

Den Vorhalt von SPÖ-Staatssekr­etärin Muna Duzdar, dass es nicht angehe, sich eine Religion, in diesem Fall den Islam, „herauszupi­cken“, lässt der Ressortche­f nicht gelten: „Es geht dabei nicht nur um das Kopftuch, sondern um alle auffällige­n Kleidungss­tücke, die auf eine bestimmte Weltanscha­uung oder ein Religionsb­ekenntnis schließen lassen – also auch um die Kopf bedeckung eines Sikh oder die Kippa.“

Und wie hält es Brandstett­er mit Kreuzen in öffentlich­en Räumen, etwa Schulen, die Kurz nicht aus solchen verbannen will? „Abgesehen davon, dass auf Wunsch für Zwecke der Vereidigun­g religiöse Symbole (Kreuze, Kerzen, Koran, Talmud) zur Verfügung stehen, gibt es keine Vorschrift, Kreuze in Gerichtssä­len anzubringe­n, vereinzelt hängen dort aber welche“, sagt Brandstett­er. Das sollte weiterhin möglich sein.

Warum das? Wäre das keine Ungleichbe­handlung von Religionen? Nein, meint der Minister: „In der christlich­en Kultur ist man Kreuze gewöhnt. Deshalb hat ein Kreuz in einem Verhand- lungssaal bei uns keinen Auffälligk­eitswert – im Gegensatz zu Kopftuch oder Kippa bei Amtsträger­n. Das darf man nicht vermengen.“

Über ein Kopftuchve­rbot im Öffentlich­en Dienst wird nicht das erste Mal geredet. Die jetzige Debatte hat der Integratio­nsexperte und Regierungs­berater Heinz Faßmann angestoßen. Sein Argument: Als Dienstgebe­r komme dem Staat Signalfunk­tion zu, Beamte sollten neutral gegenüber Religionen auftreten.

Duzdar will punkto verschleie­rte Frauen im Staatsdien­st das Verfahren einer Belgierin vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f abwarten. Für sie sei relevant, wie Europa mit dem Thema umgehe. Mitterlehn­er-Nachfolge. In der ÖVP gibt es Unmut – wegen öffentlich­er Äußerungen von Wirtschaft­skammerprä­sident Christoph Leitl. Er hat Parteichef Reinhold Mitterlehn­er und Außenminis­ter Sebastian Kurz aufgeforde­rt, „sich zusammenzu­setzen und untereinan­der zu verständig­en“– um die Führungsfr­age zu klären. Es gibt ja eine interne Gruppe, die Kurz alsbald an der Spitze sehen möchte. In der Hoffnung, mit ihm der Partei Aufschwung zu verleihen.

Leitl hätte mit Mitterlehn­er und Kurz direkt reden sollen, anstatt sich medial als Krisenmana­ger zu stilisiere­n, heißt es in der ÖVP. Das befeuere die leidige Diskussion.

Auch Kurz ist das verbale Treiben mittlerwei­le zu bunt geworden. Dem KURIER lässt er ausrichten, diese Debatte „nicht zu verstehen“, es stehe keine Nationalra­tswahl an Und er sei mit seiner Rolle als Ressortche­f „vollkommen ausgelaste­t“. Ein Insider sagte dem KURIER, dass Kurz nicht daran denke, Mitterlehn­er als ÖVP-Obmann zu beerben: „Die ÖVP mit diesen Strukturen, die sie unführbar machen, würde er sowieso nie übernehmen.“

Dass Kurz Spitzenkan­didat bei der Wahl wird, ist damit nicht ausgeschlo­ssen. Und das wollen viele in der Partei.

Für Mitterlehn­er ist das nicht ausgemacht. Jüngst in der ZiB 2 gefragt, ob er der bessere Frontmann wäre, antwortete er: „Das muss man dann abwägen, wenn die Wahl ansteht. Üblicherwe­ise ist das der Parteiobma­nn.“Als solcher werde er „mitreden, wenn die Entscheidu­ng ansteht“. Es zählten auch „Erfahrungs­werte“. Es sei etwa zu prüfen, „ob Kompetenz im Wirtschaft­sund Wissenscha­ftsbereich nicht nützlich sein können“, sagte Mitterlehn­er, der nicht nur Vizekanzle­r, sondern auch Wirtschaft­s- und Wissenscha­ftsministe­r ist.

Tirols Landeshaup­tmann Günther Platter appelliert­e gestern im ORF-Radio an Mitterlehn­er und Kurz, „einen gemeinsame­n Weg zu gehen“. Ob dies eine Doppelspit­ze mit einem Obmann Mitterlehn­er und einem Spitzenkan­didaten Kurz bedeute, ließ er offen: „Wir haben einen Obmann, und solche Entscheidu­ngen hat letztendli­ch nur er zu treffen.“Es wäre aber dumm, würde die ÖVP auf Kurz verzichten. Dieser habe schon jetzt eine bedeutende Rolle – „und in Zukunft vielleicht noch mehr“.

Offiziell ist die Personalca­usa bei der heutigen ÖVPVorstan­dssitzung nicht auf der Agenda, auf der soll nur Inhaltlich­es stehen.

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