Minister will Kleidung, die auf Religion schließen lässt, in der Justiz verbieten
Objektivitätsgrund. Nun bringt sich auch Justizminister Wolfgang Brandstetter in die Debatte über ein Kopftuchverbot im Öffentlichen Dienst ein. Integrationsminister Sebastian Kurz will ein solches.
Brandstetter tut das auch – was seinen Bereich anlangt. „Weil der Eindruck der Objektivität und der Neutralität in der Hoheitsverwaltung nach außen, also von Richtern und Staatsanwälten, nicht beeinträchtigt werden darf. Da darf es nicht den geringsten Zweifel geben“, erläutert Brandstetter im KURIER-Interview. Für die Justiz gelte ja auch, dass Zeugen vor Gericht nicht vermummt auftreten dürfen. „Das ist seit jeher Judikatur, weil es auch eine nonverbale Kommunikation gibt.“
„Kein Herauspicken“
Den Vorhalt von SPÖ-Staatssekretärin Muna Duzdar, dass es nicht angehe, sich eine Religion, in diesem Fall den Islam, „herauszupicken“, lässt der Ressortchef nicht gelten: „Es geht dabei nicht nur um das Kopftuch, sondern um alle auffälligen Kleidungsstücke, die auf eine bestimmte Weltanschauung oder ein Religionsbekenntnis schließen lassen – also auch um die Kopf bedeckung eines Sikh oder die Kippa.“
Und wie hält es Brandstetter mit Kreuzen in öffentlichen Räumen, etwa Schulen, die Kurz nicht aus solchen verbannen will? „Abgesehen davon, dass auf Wunsch für Zwecke der Vereidigung religiöse Symbole (Kreuze, Kerzen, Koran, Talmud) zur Verfügung stehen, gibt es keine Vorschrift, Kreuze in Gerichtssälen anzubringen, vereinzelt hängen dort aber welche“, sagt Brandstetter. Das sollte weiterhin möglich sein.
Warum das? Wäre das keine Ungleichbehandlung von Religionen? Nein, meint der Minister: „In der christlichen Kultur ist man Kreuze gewöhnt. Deshalb hat ein Kreuz in einem Verhand- lungssaal bei uns keinen Auffälligkeitswert – im Gegensatz zu Kopftuch oder Kippa bei Amtsträgern. Das darf man nicht vermengen.“
Über ein Kopftuchverbot im Öffentlichen Dienst wird nicht das erste Mal geredet. Die jetzige Debatte hat der Integrationsexperte und Regierungsberater Heinz Faßmann angestoßen. Sein Argument: Als Dienstgeber komme dem Staat Signalfunktion zu, Beamte sollten neutral gegenüber Religionen auftreten.
Duzdar will punkto verschleierte Frauen im Staatsdienst das Verfahren einer Belgierin vor dem Europäischen Gerichtshof abwarten. Für sie sei relevant, wie Europa mit dem Thema umgehe. Mitterlehner-Nachfolge. In der ÖVP gibt es Unmut – wegen öffentlicher Äußerungen von Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl. Er hat Parteichef Reinhold Mitterlehner und Außenminister Sebastian Kurz aufgefordert, „sich zusammenzusetzen und untereinander zu verständigen“– um die Führungsfrage zu klären. Es gibt ja eine interne Gruppe, die Kurz alsbald an der Spitze sehen möchte. In der Hoffnung, mit ihm der Partei Aufschwung zu verleihen.
Leitl hätte mit Mitterlehner und Kurz direkt reden sollen, anstatt sich medial als Krisenmanager zu stilisieren, heißt es in der ÖVP. Das befeuere die leidige Diskussion.
Auch Kurz ist das verbale Treiben mittlerweile zu bunt geworden. Dem KURIER lässt er ausrichten, diese Debatte „nicht zu verstehen“, es stehe keine Nationalratswahl an Und er sei mit seiner Rolle als Ressortchef „vollkommen ausgelastet“. Ein Insider sagte dem KURIER, dass Kurz nicht daran denke, Mitterlehner als ÖVP-Obmann zu beerben: „Die ÖVP mit diesen Strukturen, die sie unführbar machen, würde er sowieso nie übernehmen.“
Dass Kurz Spitzenkandidat bei der Wahl wird, ist damit nicht ausgeschlossen. Und das wollen viele in der Partei.
Für Mitterlehner ist das nicht ausgemacht. Jüngst in der ZiB 2 gefragt, ob er der bessere Frontmann wäre, antwortete er: „Das muss man dann abwägen, wenn die Wahl ansteht. Üblicherweise ist das der Parteiobmann.“Als solcher werde er „mitreden, wenn die Entscheidung ansteht“. Es zählten auch „Erfahrungswerte“. Es sei etwa zu prüfen, „ob Kompetenz im Wirtschaftsund Wissenschaftsbereich nicht nützlich sein können“, sagte Mitterlehner, der nicht nur Vizekanzler, sondern auch Wirtschafts- und Wissenschaftsminister ist.
Tirols Landeshauptmann Günther Platter appellierte gestern im ORF-Radio an Mitterlehner und Kurz, „einen gemeinsamen Weg zu gehen“. Ob dies eine Doppelspitze mit einem Obmann Mitterlehner und einem Spitzenkandidaten Kurz bedeute, ließ er offen: „Wir haben einen Obmann, und solche Entscheidungen hat letztendlich nur er zu treffen.“Es wäre aber dumm, würde die ÖVP auf Kurz verzichten. Dieser habe schon jetzt eine bedeutende Rolle – „und in Zukunft vielleicht noch mehr“.
Offiziell ist die Personalcausa bei der heutigen ÖVPVorstandssitzung nicht auf der Agenda, auf der soll nur Inhaltliches stehen.