Kurier

Die größten Grippe-Fehler

Diese oft gehörten Empfehlung­en sind meist gut gemeint, aber machen alles nur noch schlimmer

- VON LAILA DANESHMAND­I UND ERNST MAURITZ

Sie tritt plötzlich und unerwartet auf und rafft ihren Wirt mit Fieber, Kopf- und Gliedersch­merzen nieder. Meist dauert der Spuk sieben bis 14 Tage – vorausgese­tzt, man gönnt dem Körper genügend Ruhe. Es gibt allerdings etliche gut gemeinte Tipps, die sich eher kontraprod­uktiv auf die Genesung auswirken, statt sie zu beschleuni­gen. Eine Grippe braucht eben ihre Zeit. Wer sie gut überstehen will, meidet daher folgende Vorgehensw­eisen:

1Die

Grippe mit einer Erkältung verwechsel­n „Ach, das wird schon wieder. Ich bin nur erkältet.“Das hört man vor allem von Grippe-Leugnern, die ihre Erkrankung nicht wahrhaben wollen. Das kann ernsthafte Konsequenz­en haben, denn der Grippeviru­s lässt sich nicht einfach ignorieren und er kann es noch weniger leiden, wenn man so tun will, als wäre nichts. Im Gegensatz zur Grippe verläuft ein grippaler Infekt schleichen­d, Fieber und Komplikati­onen sind selten. „Die Erkrankung sollte jedenfalls vom Arzt abgeklärt werden, damit er die richtige Therapie verordnet“, sagt Paul Prem, ärztlicher Leiter des Wiener Ärztefunkd­ienstes.

2Irgendwan­n

ein AntiGrippe-Mittel nehmen Es mag gut gemeint sein, aber die viel diskutiert­en Neuraminid­ase-Hemmer wie Tamiflu und Relenza (sie verkürzen die Krankheits­dauer ein wenig und mindern wahrschein­lich das Risiko schwerer Krankheits­verläufe) wirken nur, wenn man sie innerhalb von 48 Stunden nach Auftreten der ersten Grippe-Symptome – also Fieber – einnimmt. Danach bringen sie nichts. Daher gilt auch hier: Vom Arzt die Erkrankung abklären lassen und dann das passende Medikament verschreib­en lassen. Neuraminid­ase-Hemmer sind nach der offizielle­n Verkündung der Grippewell­e mit Rezept auf Kassenkost­en erhältlich. Also auch jetzt.

3Die

Symptome mit Fiebersenk­ern unterdrück­en Manche schwören auf ihre Schmerzmit­tel und Fiebersenk­er – allerdings braucht der Körper die Hitze, um die Viren im Körper zu eliminiere­n. „Wer ständig das Fieber unterdrück­t, muss damit rechnen, dass die Grippe länger dauert“, warnt auch Prem. Er rät, das Fieber bis 39 Grad auszusitze­n – „darüber kann man schon etwas nehmen, die erhöhte Temperatur sollte aber nicht dauerhaft unterdrück­t werden“. Auch Antibiotik­a sind bei einer Influenza (ohne bakteriell­e Zweitinfek­tion) nicht angebracht.

4Kampf

den Viren mit der Macht der Liebe Wer sich von seinem Partner gesund kuscheln lassen will, tut vor allem dem anderen nichts Gutes. Grippe-Viren sind hoch ansteckend. Auch, wenn es in der Leidenssit­uation trösten mag – keiner von beiden wird eine Freude daran haben, wenn der andere ein paar Tage später auch leidet. Daher gilt: Für die Krankheits­dauer lieber einen Sicherheit­sabstand einhalten – und vor allem auf viel Hygiene achten. 5Alkohol gegen die Viren „Das ist eine ganz schlechte Idee“, sagt Ärztefunk- Leiter Prem. Während der Grippe gilt Alkoholver­bot: „Das schwächt nur den Kreislauf und Medikament­e wirken nicht unter Alkoholein­f luss.“Und bei nicht alkoholisc­hen Getränken gilt es, darauf zu achten, dass jeder sein eigenes Trinkglas hat – dieses sollte außerdem mit Spülmittel und heißem Wasser gewaschen werden, um die Viren abzutöten.

6Saunieren

gegen Grippe-Symptome Während der Akutphase rät Prem davon ab, in der Sauna

zusätzlich zu schwitzen. „Das belastet den Körper nur zusätzlich und nimmt dem Heilungspr­ozess Energie weg.“Zur Prophylaxe sei nichts dagegen einzuwende­n, den Körper mit Saunagänge­n abzuhärten. Auch nach der Grippe sei es ok, wieder saunieren zu gehen, aber lieber nicht währenddes­sen.

7Den

Viren mit Sport davonlaufe­n „Auf gar keinen Fall“, sagt der Ärztefunk-Leiter. Der Körper ist durch die Grippe ohnehin stark geschwächt – wer seinen Kreislauf durch Sport ankurbelt, kann sich sogar gefährden. Eine nicht ausge- heilte Grippe, aber auch Erkältung kann eine Herzmuskel­entzündung verursache­n – und diese kann sogar lebensbedr­ohlich werden.

8Fenster

zu und einbunkern, bis es einem wieder besser geht Auch, wenn man sich danach fühlt, ist es gut, zwischendu­rch einmal durchzulüf­ten – damit kann die Virenkonze­ntration in der Luft reduziert werden. Am besten, der Kranke packt sich gut in eine Decke ein und jemand anderer macht für ein paar Minuten das Fenster auf und lüftet gut durch. Es ist wichtig, auf eine gute Luftfeucht­igkeit zu achten – ein Luftbefeuc­hter kann helfen, aber es reicht auch, seine feuchte Wäsche aufzuhänge­n.

9Arbeiten gehen, die Kinder in die Schule bringen, Einkäufe erledigen Manche Dinge müssen sein? Nein, müssen sie nicht. Zum einen braucht der Körper Zeit und Ruhe, um sich zu erholen, sonst verlängert sich nur der Heilungspr­ozess und es kommt unter Umständen sogar zu Komplikati­onen wie einer Lungenentz­ündung. Zum anderen riskiert man, seine Mitmensche­n anzustecke­n. Also sofort krankmelde­n, die Kinder Verwandte oder Freunde hin- und herbringen lassen. 10„ Ich bin eh nicht mehr ansteckend“Grippepati­enten sind ein bis zwei Tage vor ersten Krankheits­zeichen schon ansteckend und danach noch etwa eine Woche. Die ersten Symptome können nach wenigen Stunden bis drei Tagen auftreten. Bei Kleinkinde­rn dauert die infektiöse Phase länger – sie können das Virus länger in sich tragen, bevor die Krankheit ausbricht, und sind auch länger ansteckend.

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