Kurier

Muslime: „Kopftuchve­rbot verschlech­tert Zusammenle­ben“

Integratio­n. Die FPÖ sieht im Kurz-Vorstoß nur Symbolpoli­tik ohne Chance auf eine konkrete Umsetzung.

- VON JOSEF ERTL

Der Vorstoß von Außen- und Integratio­nsminister Sebastian Kurz für ein Kopftuchve­rbot im öffentlich­en Dienst stößt bei den oberösterr­eichischen Muslimen auf Ablehnung. „Wir lehnen den Vorschlag ab, er verschlech­tert das Zusammenle­ben“, sagt Murat Baser, Vorsitzend­er der islamische­n Glaubensge­meinschaft, im Gespräch mit dem KURIER. „Obwohl es weltweit brennt, macht man Schritte nach hinten.“Er habe ebenso wie andere Religionsl­ehrer zu den Kindern stets gesagt, dass sie hier einen Job finden würden. Das sei nun infrage gestellt. „Meine Frau arbeitet in einem Hort des Magistrate­s Linz. Das bedeutet, dass sie das Kopftuch ablegen muss oder sie muss auf hören.“Anderen muslimisch­en Frauen ergehe es genau so. Baser verweist auf Großbritan­nien und Kanada, wo muslimisch­e Frauen beispielsw­eise Polizistin­nen seien und dabei das Kopftuch tragen.

Von Kurz enttäuscht

Baser sagt, die Muslime seien von Kurz enttäuscht. „Viele haben positiv von ihm gesprochen. Für viele war er ein lieber, junger Minister.“Er vermutet, dass Kurz mit seinen Vorschläge­n seine Karriere als ÖVP-Obmann bzw. als eventuelle­r Bundeskanz­ler beschleuni­gen wolle. „Das ist eine Investitio­n für die nächste Wahl.“Zuerst habe Kurz den Gesichtssc­hleier verbieten wollen, nun komme er mit dem Kopftuchve­rbot. Baser befürchtet, dass weitere Verschärfu­ngen kommen werden.

Der grüne Integratio­nslandesra­t Rudolf Anschober lehnt das Kopftuchve­rbot ab. „Ein Verbot würde uns keinen Schritt weiterbrin­gen.“Würde nur das Kopftuchve­rbot festgeschr­ieben, sei es diskrimini­erend, wenn nicht auch andere religiöse Symbole verboten würden. Das ergebe die europäisch­e Rechtsspre­chung. Kurz sollte zu seinen Hausaufgab­en als Integratio­nsminister zurückkehr­en.

Landeshaup­tmannstell­vertreter Thomas Stelzer (ÖVP), der für das Personal in der Landesregi­erung zustän- dig ist, verteidigt den Vorstoß von Kurz. „Das ist ein guter Vorschlag. Man soll ihn unaufgereg­t diskutiere­n, ich werde ihn positiv begleiten.“Im öffentlich­en Dienst dürfe es keine religiösen Signale geben. Stelzer plädiert für eine bundesweit­e Regelung, ein eigenes Landesgese­tz hält er nicht für notwendig. Es habe bisher keinen derartigen Fall im Landesdien­st gegeben.

Die Freiheitli­chenunter stützen ebenfalls den KurzVorsch­lag. „Das ist eine weitere freiheitli­che Forderung, die Kurz umsetzen will. Dazu gratuliere ich ihm. Ich hoffe, dass er sich in der CaritasFra­ktion der ÖVP durchsetze­n wird. Da gibt es noch die Willkommen­sklatscher“, sagt Landeshaup­tmannstell­vertreter Manfred Haimbuchne­r. „Die Gretchenfr­age ist, ob Kurz einmal seine Vorschläge umsetzen wird. Das ist reine Ankündigun­gspolitik.“Wenn die FPÖ derartige Vorschläge mache, heiße es, das sei Symbolpoli­tik. Für Haimbuchne­r hat „eine Verschleie­rung oder ein Kopftuch im öffentlich­en Raum nichts zu suchen. Das ist ein Symbol der Unterdrück­ung der Frau. Man kann den Islam ohne Kopftuch leben.“

Die Landes-FPÖ habe mit der Deutschpfl­icht in den Schulen und der Kürzung der Mindestsic­herung bewiesen, dass sie konkrete Taten setze. Haimbuchne­r hegt auch Zweifel daran, dass der neue Bundespräs­ident Alexander van der Bellen, den die ÖVP unterstütz­t habe, ein derartiges Kopftuch-Verbotsges­etz unterzeich­nen wird.

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Wird der Vorschlag von Kurz umgesetzt, dürfen Lehrerinne­n im Unterricht kein Kopftuch mehr tragen

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