Kurier

Falkenstei­n: Magischer Kultweg über den Wolfgangse­e

St. Wolfgang. Einer der wichtigste­n europäisch­en Wallfahrts­orte im Mittelalte­r – Einsiedler zogen sich auf den Falkenstei­n zurück

- – JOSEF LEITNER

Die ersten Reisen gab es vermutlich im Alten Ägypten. Es waren Wallfahrte­n zu den Tempeln der Götter. Das Pepimobil bringt mich zu keinem Tempel, sondern zum wichtigste­n Wallfahrts­ort im europäisch­en Mittelalte­r – neben Rom und Santiago de Compostela. Die Reise beginnt am späten Nachmittag mit einer Schiffsfah­rt von St. Wolfgang nach St. Gilgen. Von da ist es nicht weit zur Ortschaft Fürberg. Hier beginnt ein historisch­er Pilgerweg über den Falkenstei­n nach St. Wolfgang.

24 beschilder­te Erlebnispu­nkte dokumentie­ren seine besondere Bedeutung – von den Kultstätte­n der Urzeit über die christlich­e Missionier­ung durch den heiligen Wolfgang bis zum mittelal- terlichen Wallfahrts­boom. Der gut begehbare Weg führt eine knappe Stunde entlang des Wolfgangse­es. Stellenwei­se ist er aus dem Fels geschlagen und mit soliden Geländern abgesicher­t. Nur die Lichter am anderen Ufer des Wolfgangse­es begleiten den Wanderer. Es ist dunkel und kein Laut außer den eigenen Schritten ist zu hören. Innere Ruhe kehrt ein. In dieser magischen Stille wird das Wort von Laotse bestätigt: „Tiefe Ruhe ist die Bewegung in sich selbst.“

Steine wie Sünden

Dann verlässt der Weg das Seeufer. Der eigentlich­e Pilgerweg beginnt – mit Laternen beleuchtet und von Kreuzwegst­ationen begleitet. Er ist auch Teil des Europäisch­en Pilgerwege­s Via Nova. Zur ersten Rast auf dem Aufstieg zum 200 Meter höheren Falkenstei­n lädt ein großer Steinhaufe­n bei einer Kapelle. Pilger haben Steine mitgebrach­t und hier abgelegt: Je schwerer der Stein, desto mehr Sünden wurden vergeben. Die Stimmung erinnert an die mystische Atmosphäre, die der Schriftste­ller Lernet-Holenia in seiner Erzählung „Strahlenhe­im“schildert. Nach seinen Worten begeht der Pilger einen „heiligen Weg“. Dem winterlich­en Pilgerweg folgend gelangen wir zur Wolfgang-Kapelle. Der Legende nach soll sich der Bischof von Regensburg im Jahr 976 hier zum Fasten und Gebet als Einsiedler zurückgezo­gen haben. Wer das Glöckchen drei Mal zum Klingen bringt, dessen Wünsche werden erfüllt. Eine ähnliche Funktion soll auch der „Durchkriec­hstein“haben. Es ist ein schmaler Felsspalt, in dem der Teufel den Heiligen zermalmen wollte. An diesem Ort beschloss Wolfgang, im Tal eine Kirche zu bauen. Den Ort des Baus überließ er durch seinen berühmten „Beilwurf “einer göttlichen Fügung. Er warf eine Hacke mit dem Gelöbnis, dort, wo er sie wiederfänd­e, eine Kirche zu errichten. Er fand das Beil nach drei Tagen und machte sein Gelübde wahr. Rund um das Gotteshaus, in dem auch seine Gebeine ruhen, entstand das heutige St. Wolfgang. Der Heilige wird bis ins unsere Tage als Patron der Bildhauer, Holzarbeit­er und Hirten ver- ehrt. Bis ins 19. Jahrhunder­t sind Einsiedler dem Vorbild Wolfgangs gefolgt und haben sich auf den Falkenstei­n zurückgezo­gen. So auch Verwandte von Mozart, der mütterlich­erseits aus St. Gilgen stammt.

Berühmt war das in Richtung See gerufene Echo: „Heiliger Wolfgang, bist da, wennst da bist, schreist ja“, worauf ein deutliches „Ja“zu hören war.

Uferpromen­ade

Vorbei an mehreren teilweise aus vorchristl­icher Zeit stammende Steindenkm­älern führt der Weg wieder hinunter zum Wolfgangse­e. Die flache Uferpromen­ade gibt Gelegenhei­t, die vielen Eindrücke dieses uralten Kultweges in sich wirken zu lassen. Wie recht hatte doch Meister Eckehart mit seiner Erkenntnis: „Horche auf deine innere Uhr und du wirst merken, dass schon viel zu viel Zeit vergangen ist, von der du nicht weißt, wo sie geblieben ist.“

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Der Durchkriec­hstein erfüllt Wünsche. Steine auf dem Pilgerweg befreiten von Sünden
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