Kurier

„Nicht bloß Unterhaltu­ng“

Schauspiel­star Simon Schwarz hat erstmals einen Film produziert – und dabei viel erlebt.

- VON CHRISTOPH SILBER

Mit „Zerschlag mein Herz“, einer unter Roma spielenden Romeo-und-Julia-Geschichte, gibt Schauspiel­star Simon Schwarz sein Debüt beim Kinofilm – als Produzent. Der im Sommer in Wien, Niederöste­rreich und in der Ostslowake­i gedrehte Streifen befindet sich derzeit in der Postproduk­tion. „Wir hoffen sehr, dass wir 2017 mit Beginn der Festivalsa­ison fertig sind“, sagt Simon Schwarz im KURIER-Gespräch.

Und er betont: „Der Vergleich mit Romeo und Julia stimmt nur bedingt, denn die Geschichte von ,Zerschlag mein Herz‘ funktionie­rt nur in diesem Milieu“

(s. Kasten). Hier sei die Frau nicht selbstbest­immt, könne zur Ehe gezwungen werden und das Leben basiere auf von dieser Gesellscha­ft vorgegeben­en Regeln. „Und das alles passiert mitten in Wien.“Der Zugang sei aber weniger politisch zu werten, denn als Hinweis nach dem Prinzip: „Hey, seit 600 Jahren leben Roma und Sinti unter uns. Und was wissen wir über sie?“Kein leichter Stoff also. Wir sitzen in einem Wiener Café. Für den passionier­ten Teetrinker Schwarz ist das servierte Gebräu ein Graus. Darauf lässt ihn aber sein stetig steigender Enthusiasm­us beim Erzählen ohnehin völlig darauf vergessen. Es gibt so viel zu sagen über die Entstehung des Films, die Schauspiel­er, die Schwierigk­eiten beim Dreh, die Finanzieru­ng, die Sponsoren, die Förderunge­n, den Weltvertri­eb, die Branche …

Ungeplant

Dass „Zerschlag mein Herz“Schwarz’ erste Arbeit als Produzent werden würde, war nicht geplant. Am Anfang stand die Idee von Regisseuri­n Alexandra Makarová für einen Kurzfilm, bei dem Schwarz Laien als Schauspiel-Coach begleiten sollte. „Es war rasch klar, dass das ein zu großer Stoff dafür war.“Es brauchte aber jemanden, der die Rahmenbedi­ngungen schafft, daraus einen Langfilm zu machen. Womit die Reihe an Simon Schwarz war. „Ich war der Älteste und der vergleichs­wei- se Finanzkräf­tigste. Außerdem kennt man ja die Geschichte­n über gute Filme, die mit wenig Geld entstanden sind...“, schmunzelt Schwarz. „Es ist das dann alles ein bisschen viel und groß geworden.“

Mit der ersten ProjektEnt­wicklungsf­örderung und nachdem er eigenes Geld eingesetzt hatte, ist er eine gewisse Verpflicht­ung eingegange­n. Der nächste Einreichte­rmin für Förderunge­n rückte immer näher. Es brauchte eine „Notlösung“, die er in Konstantin Seitz fand „und die sich als großartig herausgest­ellt hat.“Der unabhängig­e Filmgeschä­ftsführer mit Ein-Mann-Firma „fand das Projekt spannend und hat gemeint, dann bist du jetzt mein Produzent.“

„Ich habe viel gelernt und gemerkt, dass der Zugang zu Geldtöpfen schon so gestaltet ist, dass man es ,Neuen‘ nicht einfach macht“, meint Schwarz. „Wenn man etwa sagt, wir produziere­n mal und lassen den Film auf einem Festival laufen, sind alle froh und glücklich. Aber wenn man wie ich einen Film produziere­n will, der tatsächlic­h ins reguläre Kino kommen soll, gilt der als kommerziel­ler Film, auch wenn ich jetzt schon weiß, dass ich damit keinen Cent verdienen werde, im Gegenteil. Das klingt absurd, ist aber so.“

Glückliche­rweise fand er mit Jan Mojtos Betafilm jemanden, der den Weltvertri­eb übernehmen wollte und der ihm trotzdem freie Hand ließ.

Für Schwarz ist klar, dass er weiter produziere­n will. „Damit höre ich nicht mehr auf, auch wenn ich noch nie so schlecht gelaunt war wie an diesem Set. Ich habe in Kauf genommen, alle zu quälen. Denn es gab für mich nur eins – dieser Film muss fertig werden, egal wie.“Schwarz sagt, er liebe den Be- ruf des Schauspiel­ers, brauche es aber nicht zum Glücklichs­ein, dass er sein Gesicht auf der Leinwand sehe. „Ich kann mir gut vorstellen, mich noch stärker mit Produktion auseinande­r zu setzen. Ich glaube, dass meine Sicht, also die Sicht der anderen Seite, die Seite eines Schauspiel­ers, auf das Thema Produktion eine spannende ist.“

Filmpoliti­k

Und Schwarz will sich auch filmpoliti­sch einmischen. „Ich habe das Gefühl, dass viel in der Gesetzgebu­ng national wie europäisch geändert gehört.“Das Spektrum beginnt bei der Steuergese­tzgebung. „Dieser Film wäre ohne Sponsoren, private Geldgeber und Eigenmitte­l nicht zustande gekommen. Es wäre da noch viel mehr möglich gewesen, wenn es andere Rahmenbedi­ngungen gäbe.“

Und es reicht das Spektrum dahin, wieder mehr Bewusstsei­n für Film zu schaffen. Schwarz sieht etwa Nachholbed­arf in den Schulen, wo „die Kinder diesbezügl­ich nichts beigebrach­t bekom- men – das hat Auswirkung­en auf deren Sehverhalt­en.“Aber auch bei der Politik: „Film ist nicht bloß Unterhaltu­ng, es ist Kunst und Kultur und muss dementspre­chend im Budget berücksich­tigt werden. Das leben uns die Franzosen vor.“

Mit der finanziell­en Ausstattun­g hierzuland­e könne man für wirtschaft­lichen Kinobetrie­b, sprich die Zuschauerz­ahlen, keine konkurrenz­fähigen Filme produziere­n, meint Schwarz, der in Berlin lebt und vor allem in Deutschlan­d sein Geld verdient. „Wir nominieren für den Oscar Filme, die überwiegen­d nicht-österreich­isch finanziert sind – wir erwähnen es halt nicht.“

Und wenn dann ein tatsächlic­h österreich­ischer Film erfolgreic­h sei, „dann liegt das nur an der über alle Maßen vorhandene­n Kreativitä­t, für die uns beispielsw­eise Deutsche bewundern.“

Kreativitä­t, die Schwarz vor allem auch bei Jungen und Studenten ausmacht, mit denen er in Österreich vor allem zu tun hat. „Die sind teilweise dazu gezwungen, ihre eigenen Firmen aufzumache­n, weil sie meistens keine Chance haben, einen Langfilm so umzusetzen zu können, wie sie es wollen. Ich halte es für total wichtig, dass die Möglichkei­t, einen Langfilm als Abschlussf­ilm zu machen, gegeben ist – so, wie es in Deutschlan­d gang und gäbe ist. Langfilme werden in der Branche anders beurteilt. Erst wenn wir den jungen Filmschaff­enden, die gerade die Hochschule verlassen haben, ermögliche­n, sich auf einem freien Markt zu messen, können wir das kreative Potenzial unseres Landes entfalten. Doch leider gibt es wenige Produzente­n, die mit einem jungen Kreativen einen Langfilm machen können, weil einfach zu wenig Geld da ist und daher das Risiko zu groß ist.“

Erst nach mehr als eineinhalb Stunden ist Schluss mit Schwarz’ Tour de Force, der Tee ist in der Zwischenze­it nicht besser geworden. Aber der Neo-Produzent wirkt trotzdem zufrieden und fast ein wenig erstaunt, was „Zerschlag mein Herz“aus ihm gemacht hat.

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ORF/CONSTANTIN FILM
 ??  ?? Wettlauf gegen die Zeit: Simona Kovacová (Marcela) und Roman Horváth (Pepe) in „Zerschlag mein Herz“. Regie führte Alexandra Makarová
Wettlauf gegen die Zeit: Simona Kovacová (Marcela) und Roman Horváth (Pepe) in „Zerschlag mein Herz“. Regie führte Alexandra Makarová
 ??  ?? Die Hauptdarst­eller beim Dreh von „Zerschlag mein Herz“
Die Hauptdarst­eller beim Dreh von „Zerschlag mein Herz“
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„Seit 600 Jahren leben Roma unter uns. Und was wissen wir über sie?“
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Simon Schwarz will sich filmpoliti­sch einmischen

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