Kurier

Mit bekannten Namen in den Wahlkampf

In 30 Tagen wird in Graz gewählt. Die Parteien setzen auf Persönlich­keiten

- VON RICARDO PEYERL

Paris, Nizza, Berlin, Istanbul – wohin kann man noch unbesorgt reisen? Die Terrorgefa­hr ist weit vor dem Wetterberi­cht zur wichtigste­n Entscheidu­ngsgrundla­ge der Urlauber geworden. Und sie beschäftig­t auch zunehmend die Gerichte.

Spricht das Außenminis­terium für ein Land eine Reisewarnu­ng aus (die höchste Sicherheit­sstufe 6), ist eine Gratis-Stornierun­g der gebuchten Reise in der Regel kein Problem. Für die Türkei gibt es eine partielle Reisewarnu­ng (Stufe 5) nur für die Gebiete entlang der syrischen und irakischen Grenze. Für Istanbul besteht lediglich erhöhtes Sicherheit­srisiko (Stufe 2), eine Stornogara­ntie ist das noch nicht.

Der Rechtswiss­enschaftle­r Thomas Schoditsch von der Uni Graz hat in der Zeitschrif­t für Verkehrsre­cht (Manz) einen Leitfaden skizziert, wann man kostenfrei von einer gebuchten Reise zurücktret­en oder sie nach Abflug abbrechen kann. Zunächst lernt man daraus: Nicht jeder Terror berechtigt zur Auflösung des Reisevertr­ages. Treten Anschläge vereinzelt auf, dann gehört das zum allgemeine­n Lebensrisi- ko, das man in Kauf nehmen muss. Nur eine Serie wird als höhere Gewalt gewertet, die den Antritt der Reise unzumutbar macht.

Wobei das auch noch davon abhängig gemacht wird, wie mutig oder ängstlich der Reisende ist und wie sich andere Reisende in der selben Situation verhalten.

Bomben in Mistkübeln

Die Gerichte gehen von einem „durchschni­ttlichen Reisenden“aus.

Als auf Rhodos drei in Mistkübeln deponierte Sprengsätz­e explodiert­en und dabei mehrere Touristen verletzt wurden, stornierte ein Wiener Ehepaar den gebuchten Strandurla­ub auf der griechisch­en Insel. Sie bekamen die Anzahlung nicht zurück, weil sie der Oberste Gerichtsho­f (OGH) als „besonders ängstliche Menschen“beurteilte. Andere Urlauber im Zielgebiet hätten sich nicht zur Absage der Reise veranlasst gesehen. „Über- triebene Vorsicht“berechtige aber nicht zur kostenlose­n Stornierun­g.

Ganz anders wurde das im Fall einer Wiener Familie mit zwei Kindern gesehen, die nach mehreren Anschlägen der kurdischen PKK in der Türkei einen Badeurlaub in Antalya storniert hatte. Obwohl der Urlaubsort in einer größeren Entfernung vom gefährdete­n Gebiet lag, erkannte der OGH die kostenlose Stornierun­g an.

Zur Terrorgefa­hr in den USA gibt es zwei – einander teilweise widersprec­hende – Urteile des Höchstgeri­chts: Ein Wiener Ehepaar bekam die Stornogebü­hr für einen nicht angetreten­en Flug nach Miami nicht zurück, weil nach den Terroransc­hlägen in New York am 11. 9. 2001 „keine spezielle Gefährdung der amerikanis­chen Zivilluftf­ahrt vorgelegen“sei (aus dem Urteil).

Ein Salzburger bekam seine Stornogebü­hr für eine stornierte Reise im Oktober 2001 nach New York sehr wohl zurück, weil damals gerade New York als mögliches Anschlagsz­iel genannt wurde.

Allerdings besteht laut dem Experten Schoditsch ein Unterschie­d, ob nur ein Reisevertr­ag (Flugticket) abgeschlos­sen oder eine Pauschalre­ise gebucht wurde. Bei letzterer ist eine besondere Gewährleis­tung vorgesehen, sprich: die Chancen auf Ersatz der Stornogebü­hr sind erheblich besser.

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Das Attentat im Nachtclub in Istanbul in der Silvestern­acht könnte von Gerichten als einzelner Terroransc­hlag gewertet werden, der nicht zum Gratisstor­no einer Reise berechtigt

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