Kurier

Die Türkei ist wieder der Schlüssels­pieler

Eine Lösung für Zypern rückt näher – dann hat die Türkei wieder einen Fuß in der Tür zu EU-Gesprächen

- INGRID STEINER-GASHI eMail an: ingrid.steiner@kurier.at auf Twitter folgen: @IngridGash­i

In den kommenden Tagen könnte es eine gute Nachricht geben: Dann nämlich, wenn die Präsidente­n des griechisch­en Südteils und des türkischen Nordens der Mittelmeer­insel Zypern nach zig Verhandlun­gsrunden eine Formel zur Wiedervere­inigung finden. Mehr als 40 Jahre Trennung wären zu Ende, die letzte Mauer innerhalb Europas würde fallen. Die wiedervere­inigte Insel könnte ihr BIP um bis zu 60 Prozent steigern. Die Chancen dafür, so hört man es von den Verhandler­n, stehen besser denn je.

Doch nicht nur Zypern wäre dann anders – auch die EU wäre es. Bei einer Einigung hätte die EU mit einem Schlag 300.000 Bürger mehr – türkische Zyprioten. Und erstmals werden dann wohl auch einige Tausend türkische Soldaten in einer Region der EU stationier­t sein. Denn die Schutzmach­t der türkischen Zyprioten, die Türkei, wird nicht alle ihre derzeit auf der Insel stationier­ten 35.000 Soldaten abziehen.

Die Türkei ist bei den Zypern-Gesprächen der Schlüssels­pieler. Und sie spielte in jüngerer Vergangenh­eit trotz des autoritäre­n und repressive­n Kurses der Erdoğan-Führung erstaunlic­h konstrukti­v mit. Ankara hat viel zu gewinnen: Bisher hat die türkische Regierung die Republik Zypern nicht anerkannt. Bei Kursänderu­ng und einer Zypern-Einigung aber würden für die Türkei automatisc­h weitere Kapitel bei den Gesprächen für einen Beitritt zur EU aufgehen – darunter etwa: Warenverke­hr oder Zollunion. Und dann wird man sich in Brüssel entscheide­n müssen: Wie Österreich­s Kanzler Kern und Außenminis­ter Kurz ein Einfrieren der Beitrittsv­erhandlung­en fordern – und damit die Zypern-Einigung riskieren? Oder verhandeln – und über die menschenre­chtsverach­tenden Vorgänge in der Türkei hinwegsehe­n?

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