Warum Wien und Niederösterreich Neuwahlen im Bund
Koalition. Die Regierung steht auf der Kippe. Die Frage lautet: Wie sagt sie den Wählern, dass es schon wieder einen Wahlkampf geben wird?
Jedes Mal, wenn Wiens Bürgermeister in diesen Tagen vor die Öffentlichkeit tritt, um die Personaldebatte in seiner Partei für „beendet“zu erklären, spricht er von Nationalratswahlen. Gerade so, als ob er sie herbei reden möchte.
Ein Wahlkampf scheint für Michael Häupl das letzte Mittel zu sein, um seine zerstrittene Partei in den Griff zu bekommen. Das Rezept, einen Außenfeind zu kreieren, um die eigene Gefolgschaft hinter sich zu vereinen, hat sich schon oft bewährt. Johanna Mikl-Leitner ist Niederösterreich das Exerzierfeld für die folgende Mega-Schlacht zwischen FPÖ, SPÖ und ÖVP ums Kanzleramt. Dabei kann die niederösterreichische Volkspartei nur verlieren – denn sie hat satte 51 Prozent zu verteidigen, während die anderen Luft nach oben haben. Daher hat die ÖVP-Niederösterreich jedes Interesse, ihren Landtagswahlkampf nicht zum Probegalopp für den Bund werden zu lassen.
Auch die anderen schwarzen Wahlländer Salzburg und Tirol würden aus früheren Bundeswahlen Vorteile ziehen: Derzeit zieht die Bundes-ÖVP die Länder hinunter. Die Bundes-ÖVP liegt mit 20 Prozent deutlich abgeschlagen hinter der FPÖ (33 Prozent). Sie fällt aber auch hinter die SPÖ (27 Prozent) zurück
SPÖ-Chef Christian Kern fasst als Kanzler Tritt, im Vertrauensindex von OGM hat er den Rückstand auf den ÖVP-Star Sebastian Kurz zuletzt halbiert. Kurz führt nun mit 28 Punkten vor Kern mit 23. Das alles macht die ÖVP nervös. All ihre Hoffnungen ruhen auf Sebastian Kurz. Er soll den Bundestrend ins Positive drehen und den Ländern bei den Landtagswahlen Rückenwind verschaffen. Doch Kurz’ Bedingung, dass er sich an die Spitze der ÖVP stellt, sind – Neuwahlen. Kurz will sich nicht als der x-te ÖVP-Vizekanzler neben einem roten Kanzler verheizen lassen, er will mit seinen fantastisch guten Persönlichkeitswerten sofort in eine Wahlentscheidung gehen und den Kanzleranspruch stellen. Auf dem Weg zu Neuwahlen gibt es allerdings ein Problemchen. Wie sagen sie’s den Bürgern? Die bestrafen nämlich in der Regel denjenigen, der Neuwahlen vom Zaun bricht.
Jetzt ist die Gefahr, dass SPÖ und ÖVP keinen Grund zum Streiten finden, nicht sonderlich groß. Schwieriger ist schon, einen Grund zu finden, der den Bürgern triftig genug für einen Wahlkampf erscheint.
Mögliche Bruchstellen werden in Koaliti- onskreisen bereits gehandelt, etwa die Neuverhandlung des Regierungsprogramms Anfang Februar. „Wir werden ja sehen, ob da genügend Schnittmenge heraus kommt, um die Fortführung der Koalition zu rechtfertigen“, sagt ein Involvierter. Auch die Verhandlungen über den Finanzrahmen im März und im April gelten als möglicher Casus belli.
Die Neujahrsversprechen der Koalitionspolitiker, wonach 2017 ein „Arbeitsjahr“würde, haben jedenfalls nicht einmal den Jänner überdauert. Die Politik der Nadelstiche hat schon wieder eingesetzt.
So provozierte die ÖVP die SPÖ mit der Forderung, die Obergrenze für Asylwerber zu halbieren. Die SPÖ revanchierte sich, indem sie finanzielle Zuckerln für die ÖVP-Klientel der Selbstständigen in den Ministerrat einbrachte, und die ÖVP zwang, diese Vergünstigungen abzulehnen (es hätte die „schwarzen“Krankenkassen zu viel Geld gekostet).
Während solche Geplänkel im Ministerrat wohl kaum zum großen Neuwahl-Krach taugen, ist Innenminister Wolfgang Sobotka schon etwas wirksamer beim Unruhe Stiften.Er un-