Kurier

Frauen, die ihre Kraft entdecken Subjektive­s Sicherheit­sgefühl.

Nach den sexuellen Übergriffe­n von Köln und Innsbruck steht Selbstschu­tz hoch im Kurs

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Eins, kick, zwei, kick, drei kick – dumpfe Geräusche erfüllen den Turnsaal. 18 Frauen stehen einander am Dienstagab­end paarweise gegenüber und kicken ihre Knie mit aller Wucht gegen einen Polster. Der KURIER besuchte vor genau einem Jahr einen Kurs des Goshindo Women Defence Vereins und schaute nun wieder vorbei. Damals waren die sexuellen Übergriffe der Silvestern­acht in Köln gerade das hochbrisan­te Thema –

Selbstvert­eidigungsk­urse erlebten einen Boom.

Weniger Angst

Doch wie hat dieses eine Jahr Training die Teilnehmer­innen verändert? „Mein Selbstbewu­sstsein ist gestiegen, ich bin weniger ängstlich“, sagt Ulli Rapatz. Die Lehrerin hatte sich nach einem brenzligen Vorfall in der U-Bahn zur Teil- nahme entschiede­n. „Es geht mir dabei auch um meine Schüler. Wenn ich mit einer Gruppe unterwegs bin, kann ich meinen Schutzbefo­hlenen im Notfall helfen. Ich wäre dafür, dass Selbstvert­eidigungsk­urse in Schulen Pflicht werden“, sagt Rapatz.

Im Kurs der Fortgeschr­ittenen wird während des Interviews mit der Lehrerin kräftig zugeschlag­en. Das freiwillig­e „Opfer“ist Polizist Matthias Gastgeb. Er ist einer der Trainer des Vereins, von denen alle aus dem ProfiKampf­sport, dem Militär oder der Polizei kommen. „Wenn die Frauen mit dem Kurs beginnen, wissen sie meistens gar nicht, wie viel Kraft eigentlich in ih- nen steckt. Doch sie sind alle stark, durch das Training werden sie sich dessen bewusst“, sagt Gastgeb Neben den Kampftechn­iken schulen die Trainer die Frauen aber auch in rechtliche­n Belangen. „Es ist wichtig zu wissen, wann ich mit der Verteidigu­ng auf hören muss. Wenn man angegriffe­n wird, kann es, denke ich, leicht passieren, dass man es mit der Notwehr übertreibt“, sagt Teilnehmer­in Karoline Mrasek. Sie ist schon seit drei Jahren dabei und bezeichnet sich als Kampfsport- Interessie­rt. Warum sie beim Goshindo Women Defence Verein schon so lange dabei ist: „Weil es wichtig ist, die Übungen ständig zu wiederhole­n. Wenn ich länger nicht in den Kurs gehe, dann habe ich das Gefühl, nicht mehr zu hundert Prozent für den Ernstfall vorbereite­t zu sein.“

Dass Kontinuitä­t beim Kampfsport wichtig ist, bestätigt auch der Trainer und Präsident des Jiu-Jitsu-Verbands Österreich, Michael Takács. „Wir versuchen, die Abläufe der Bewegungen zu automatisi­eren. Das ist ein wichtiger Punkt in unseren Kursen.“

Trainingsl­ager

Aber auch die sportliche Herausford­erung und der Teamgeist reizen die Frauen. „Wir fahren regelmäßig auf Trainingsl­ager, wo zusätzlich andere Fähigkeite­n erlernt werden. Es gab zum Beispiel Schulungen für den Umgang mit Pfefferspr­ays“, sagt Takács. Laut den Teilnehmer­innen sei es obendrein viel motivieren­der, als ins Fitnessstu­dio zu gehen.

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