Kurier

„Kann das nicht einfach ausknipsen“

Amok. Regisseur und Autor Henning über Inspiratio­n und Grauen

- – C. SILBER

Es war 2002. Der 19-jährige Robert Steinhäuse­r tötet an seiner ehemaligen Schule in Erfurt mehr als zehn Menschen und dann sich selbst. Dieses schockiere­nde Ereignis stand am Anfang dessen, was heute in ORF2 als „Tatort: Schock“(20.15) zu sehen ist.

„Ich war damals sehr bewegt und im wahrsten Sinn des Wortes ,geschockt‘ “, erzählt Regisseur und Drehbuchau­tor Rupert Henning (49). „Meine Frau Mercedes Echerer, damals Mitglied des Europaparl­aments, und ich haben über diese Tat immer wieder intensiv diskutiert. Dazu kam, dass unsere Kinder am Anfang der Schullaufb­ahn standen. Seitdem beschäftig­t mich die Frage, was die Gesellscha­ft Menschen abfordert und welcher Zweck welche Mittel rechtferti­gt.“

Daraus entstand zunächst ein Theaterstü­ck und nun ein „Tatort“. Über Jahre war damit das Grauen Begleiter – und Inspiratio­n. Wie geht es einem damit? „Nicht gut“, sagt Henning. „Ich mache meinen Beruf schon lange. Aber ich kann das nicht einfach ausknipsen. Anderersei­ts muss ich Schrecklic­hkeiten und Scheusale versuchen zu verstehen, sonst brauche ich mich damit gar nicht auseinande­rzusetzen.“

Kontrapunk­t

„Schock“, das auch dank Kameramann Josef Mittendorf­er und Cutterin Karin Hartusch eine eigene Ästhetik hat, ist ein Kontrapunk­t zu Hen- nings ersten „Tatort“, „Grenzfall“. Damals ging es ums (Ver-)Schweigen. „Nun wird viel geredet, erklärt, analysiert, und trotzdem funktionie­rt es am Ende nicht. Es geht hier also auch um die Grenzen dessen“, erläutert er und meint, „dass das manchen zu verkopft sein wird.“

Eine Fixgröße beim „Tatort“sind die Stars. „Harald Krassnitze­r und Adele Neuhauser wissen sehr genau, was sie machen. Gleichzeit­ig sind sie immer noch unglaublic­h verführbar und bereit für Neues.“Und über Aaron Karl

(s. links) meint Henning: „Ein junger Darsteller, der so arbeitet, als würde er das schon seit 30 Jahren machen. Ich versteh’ es nicht ganz, aber ich finde das toll.“

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