Kurier

Streifzüge

DAS RENNEN DER SIEGER DIE MACHER DIE ADABEIS

- guido.tartarotti@kurier.at

Vom Aussterben bedrohte Geräusche: Das Brummen eines Rasierappa­rats; das Wimmern einer elektrisch­en Kaffeemühl­e; das Schnurren einer TelefonWäh­lscheibe... (interessan­t übrigens: am Festnetzte­lefon nannte man nach dem Abheben seinen eigenen Namen, am Handy nennt man meist den des Anrufers, den man ja am Display sieht).

Aber zwei schon verloren geglaubte Klänge sind plötzlich wieder zu hören: Das Knistern der Nadel auf Vinyl und das Klicken von Kameravers­chlüssen. Schallplat­ten und PolaroidBi­lder liegen im Retro-Trend. Das Motiv dahinter: Man sehnt sich nach dem Vergangene­n, weil es Sicherheit und Übersichtl­ichkeit bietet (hier sei der Stoßseufze­r von James Bonds Chefin im Film zitiert: „Gott, wie ich den Kalten Krieg vermisse!“).

Wo dieser Retro-Trend noch hinführen wird, weiß niemand. Es gibt angeblich Menschen, die sogenannte „Bücher“lesen, mit der Hand schreiben können, ihre Fahrziele anhand ihres Orientieru­ngssinns finden und im Extremfall sogar miteinande­r reden.

Dominik Paris kostete diesen Moment voll aus. Als auf der Anzeigetaf­el neben seinem Namen der Einser auf blinkte; als sich die Stimme des Stadionspr­echers überschlug; als die Rennfahrer­kollegen im Ziel anerkennen­d applaudier­ten und ihm alle huldigten. Da sank der neue Ski-König von Kitzbühel in die Knie und verneigte sich.

Dabei wäre es eigentlich an den 45.000 Besuchern am Fuße des Hahnenkamm­s gewesen, den Hut zu ziehen:

Für die Show, die ihnen da gestern von den Abfahrern auf der Streif geboten wurde. Für dieses spektakulä­re, spannende Rennen, in dem der Rettungshu­bschrauber am Boden bleiben durfte. Und auch dafür, dass es im Sport noch solche Typen wie Dominik Paris gibt. Spitzname Domme, oder auch Obelix – weil der kräftige Südtiroler so aussieht, als wäre er in seiner Kindheit in einen Kessel mit Zaubertran­k gefallen. „Vollgas ist meine Lebenseins­tellung“, pf legt der 27Jährige gerne zu sagen.

Ohren auf

Es ist, zugegeben, nicht immer leicht, Dominik Paris zu folgen. Nicht auf der Streif, wo er am Samstag bereits zum dritten Mal nach 2013 (Abfahrt) und 2015 (SuperG) gewinnen konnte. Und schon gar nicht bei den Interviews. Wer jetzt nicht gerade aus dem Ultental unweit von Meran kommt, in dem Paris aufgewachs­en ist, der tut sich schwer mit dem eigenwilli­gen Dialekt. „Ich bin halt so und will mich auch nicht verstellen. Aber wenn ich versuche, Hochdeutsc­h zu reden, dann versteht man erst recht nichts“, gibt der siebenfach­e Weltcupsie­ger zu.

Aber dieser Dominik Paris war sowieso schon immer ein wenig anders. In seinen rebellisch­en Jugendjahr­en schien die Ski-Karriere bereits vorbei, noch ehe sie richtig begonnen hatte. „Ich war brutal viel unterwegs. Und Ausgehen und Skifahren, das haut nicht hin“, erinnert sich der 27-Jährige. Zu dieser Zeit war der Südtiroler noch stämmiger, als er es heute ist. „Ich hatte über 110 Kilo und konnte plötzlich nicht mehr so Ski fahren, wie ich es eigentlich wollte“, erzählt der Kitz-Champion.

Auf der Alm

Auf Anraten seiner Trainer zog sich Paris einen Sommer lang auf eine Alm in der Schweiz zurück und arbeitete als Schaf hirte. „Dort konnte ich abschalten. Außerdem habe ich in der Zeit 14 Kilo abgenommen – und auf einmal ist das Skifahren wieder ganz leicht gegangen.“

Mittlerwei­le hat der gelernte Maurer im Weltcup bereits einige Meilenstei­ne gesetzt. Der gestrige Sieg überstrahl­t in seinen Augen aber alles, sogar seinen ersten Ab- fahrtserfo­lg vor vier Jahren auf der Streif. „Das war diesmal viel emotionale­r. Eigentlich kann ich es noch immer nicht glauben, dass mir das schon wieder gelungen ist.“

Der siebente Weltcupsie­g war freilich eine Zitterpart­ie. Die beiden Franzosen Valentin Giraud Moine (2.) und Johan Clarey (3.) waren der Bestzeit von Dominik Paris bedrohlich nahe gekommen. Und Beat Feuz lag bis zu seinem Abflug ins Netz (

sogar 0,7 Sekunden vor dem Italiener. „Das Glück war diesmal auf meiner Seite“, weiß Paris.

Und noch eines weiß der 27-Jährige seit seinem Premieren-Triumph auf der Streif vor vier Jahren: „Einen Sieg in Kitzbühel musst du feiern. Aber ich glaube nicht, dass die Party überhaupt noch legendärer werden kann als die von 2013.“

 ??  ?? Streif-Sieger Dominik Paris (Bild oben / S. 21), Streif-Vermarkter Harti Weirather im Interview (Mitte/S. 22, 23), Society-Treff beim Stanglwirt (S. 40): Verona Pooth, Franziska Knuppe u. Andreas Gabalier
Streif-Sieger Dominik Paris (Bild oben / S. 21), Streif-Vermarkter Harti Weirather im Interview (Mitte/S. 22, 23), Society-Treff beim Stanglwirt (S. 40): Verona Pooth, Franziska Knuppe u. Andreas Gabalier
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