Vom Gefängnis zum IS-Terror
Terroralarm in U-Bahn. 18-Jähriger hat kriminelle Vergangenheit, Schuldirektor bezeichnet ihn als „klug, aber faul“
Wiener Verdächtiger könnte in Haft radikalisiert worden sein
Österreich hat seit Freitagabend einen Staatsfeind Nummer 1. Doch ist der 18jährige terrorverdächtige Lorenz K., Kampfname AbouChacker, tatsächlich ein potenzieller Sprengstoffattentäter?
Wie der Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, Konrad Kogler, dem KURIER bestätigt, gab es ganz konkrete Hinweise von ausländischen Sicherheitsdiensten, dass ein Anschlag zeitnahe geplant war. Als mögliches Ziel wurde eine U-Bahnstation in Wien genannt. Die Polizei war gewarnt, weil sich Lorenz K. zuletzt in einem „radikalen albanisch-islamistischen“Milieu bewegte. K.s Eltern stammen aus Albanien, geboren, aufgewachsen und zur Schule gegangen ist er in Österreich, genauer gesagt in Neunkirchen in Niederösterreich.
Der 18-Jährige hatte sich in den Tagen vor seiner Festnahme zum wiederholten Mal in Deutschland aufgehalten und war dort ins Visier der Ermittler geraten. Er soll sich im Dunstkreis von ISSympathisanten bewegt haben. Von dort kam auch der Hinweis, dass er beabsichtige, einen Sprengsatz zu bauen und diesen womöglich auch zu zünden. Als er diese Woche nach Wien zurückkehrte, wurde er von Spezialisten der Cobra observiert und Freitag gegen 18 Uhr in der Nähe der Wohnung seiner Mutter in der Rotenhofgasse in Wien-Favoriten festgenommen.
„Es wurden danach Hausdurchsuchungen durchgeführt, bei denen Computer, Mobiltelefone und andere persönliche Gegenstände sichergestellt wurden. Diese Dinge werden entsprechend technisch ausgewertet, um den Verdächtigen in den Einvernahmen damit auch konfrontieren zu können“, so Kogler. Man gehe davon aus, dass er mit anderen Leuten in Kontakt stand. Auch der um zwei Jahre ältere Bruder wird überprüft.
Die Durchsuchungen der Wohnung in Favoriten sowie der Wohnung von K.s Vater in Neunkirchen hat bisher keinen konkreten Hinweis auf Sprengstoff ergeben. Die Spürhunde haben nichts gefunden, und auch ein Abrieb der Handflächen des 18-Jährigen auf Sprengstoff-Partikel ist negativ verlaufen. Bei dem Test kann auch noch nach Wochen festgestellt werden, ob jemand mit Sprengmitteln hantiert hat – vorausgesetzt, es wurden dabei keine Handschuhe getragen. Um alle Informationen über Terrorverdächtige und speziell auch über Lorenz K. international abzugleichen, stehe man laut Kogler derzeit mit 100 ausländischen Behörden in Kontakt.
Kleinkriminell
Auch wenn der 18-Jährige der Behörde bisher nicht als potenzieller Terrorist bekannt war, so hatte er zumindest eine kriminell bewegte Vergangenheit. Aus Deutschland sind zwei Delikte wegen Betrügereien bekannt. Auch in Österreich kam der junge Mann wegen Raufhandels, Körperverletzung und Eigentumsdelikten immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt. Die Taten brachten ihm eine Haftstrafe im Jugendgefängnis in Gerasdorf (NÖ) ein. Die Strafanstalt ist dafür bekannt, dass sie einige IS-Sympathisanten und radikalisierte Jugendliche beherbergt. Um eine weitere Radikalisierung innerhalb der Gefängnismauern zu verhindern, läuft seit Jahren ein entsprechendes Projekt.
In der Schule habe es jedenfalls noch keine Hinweise auf ein „Abdriften“des Jugendlichen gegeben. „Was sein Verhalten betrifft, gab es Kleinigkeiten, aber nichts extrem Auffälliges. Der Bursche war klug, aber leider sehr faul“, berichtet der Di- rektor der Medienmittelschule Augasse in Neunkirchen, Wolfgang Sonnleitner. Mittelschule und Polytechnikum hat er abgeschlossen, Job fand er aber anscheinend keinen.
Polizeipräsenz
Nach der Festnahme von Lorenz K. am Freitag hat die Polizei eine erhöhte Präsenz von Beamten an stark frequentierten Plätzen in Wien angekündigt. Beim Lokalaugenschein des KURIER in mehreren U-Bahnstationen am Samstag war jedoch kein einziger uniformierter Beamter anzutreffen. Die Polizei erklärte auf Nachfrage, dass man sich mit den Wiener Linien abstimme, weil diese eige- ne Securitys einsetzen. Außerdem sei ein Teil der Polizisten in Zivil und nicht uniformiert unterwegs. Lesen Sie mehr auf Seite 14