Kurier

„Weiterspre­chen vom Leben“

Neues vom „Tatort“, Tierisches mit Musik, Brecht in Sichtweite und Märchen im Hinterkopf

- VON PETER JAROLIN

Heute, Sonntag, ist sie wieder im Einsatz und muss am heimischen „Tatort“(20.15 Uhr, ORF 2) nicht nur nach Spuren suchen, sondern auch einen riskanten Alleingang wagen. „Schock“ist der Titel der neuesten Ausgabe der beliebten Serie, in der Adele Neuhauser als Majorin Bibi Fellner an der Seite von Harald Krassnitze­r den Verbrecher­n das Fürchten lehrt. Eine Rolle, die für Neuhauser „zu einer zweiten Haut“geworden ist.

„Ich habe kein Problem damit, wenn mich Menschen auf der Straße als Bibi Fellner ansprechen“, so Neuhauser im KURIER-Gespräch. Im Gegenteil. „Bibi ist eine Frau, wie es sie viel zu selten im Fernsehen zu sehen gibt. Sie ist einfach ein Typ, dem ich glaube, dass sie ist, wie sie ist“, ergänzt die vielseitig­e Künstlerin. Nachsatz: „Und wenn die Zuseher das auch finden, dann haben die Drehbuchau­toren, die wirklich exzellent sind, und vielleicht auch wir einiges richtig gemacht.“

Liebe zur Kamera

Doch hatte Neuhauser, deren Karriere am Theater begann, nie Angst, als Seriendars­tellerin gebrandmar­kt zu werden? „Nein. Ich denke, diese Vorurteile sind langsam überwunden. Außerdem liebe ich die Kamera. Denn vor der Kamera spielt man ganz anders als auf der Bühne. Die Kamera ist viel direkter, man kann die Gedanken der jeweiligen Person manchmal richtiggeh­end lesen. Und die Kamera verzeiht nichts. Sie zeigt schonungsl­os alles.“

Genau diese Wahrhaftig­keit schätzt Neuhauser auch an Bibi Fellner. „Sie trägt Spuren im Gesicht und im Herzen. Spuren des Lebens, wie sie sich bei uns allen im Laufe der Jahre bemerkbar machen. Ich finde das schön so. Außerdem ist Bibi unkonventi­onell, dennoch pf lichtbewus­st, hat ihren eigenen Kopf und ihren Humor. Darin ist sie mir sehr ähnlich.“Zwei weitere „Tatort“-Folgen sind be- reits abgedreht, ab März beginnen die neuen Drehs.

Davor aber ist Adele Neuhauser ganz anders und live zu erleben. Gemeinsam mit dem Edi Nulz Trio präsentier­t sie „Die Letzten ihrer Art“von Douglas Adams und Mark Carwardine als literarisc­h-musikalisc­he Reise in die Welt der Tiere. Man ist bereits auf Tour.

Am 27. Jänner gastieren Neuhauser und Band mit diesem Programm auch im Gläsernen Saal des Wiener Musikverei­ns. „Das ist schon eine Art Ritterschl­ag“, befindet sie.

Doch wie kam es zu diesem Projekt? Und wer verbirgt sich hinter dem fiktiven Edi Nulz Trio? Neuhauser lacht: „Drei wirklich großartige Musiker, von denen einer zufällig mein Sohn Julian ist. Er ist der Gitarrist der Gruppe und er hat mich eines Tages gefragt, ob ich nicht etwas mit ihm und seinen Kollegen machen möchte.“

Liebe zum Humor

Adele Neuhauser weiter: „Ursprüngli­ch hat er mir vorgeschla­gen, ,Mephisto‘ zu machen. Doch das wollte ich gar nicht. Den Mephisto habe ich während meiner Zeit am Theater in Regensburg ja sehr oft gespielt. Also mussten wir etwas anderes finden. Meine Wahl fiel dann eben auf ,Die Letzten ihrer Art‘ von Douglas Adams und Mark Carwardine, wobei Adams ja vor allem für seinen Bestseller ,Per Anhalter durch die Galaxis‘ bekannt wurde. Ich liebe Tiere, und wir haben dann einige schöne Tiergeschi­chten ausgewählt. Und ich glaube in Kombinatio­n mit der Musik ist da insgesamt etwas sehr Lustiges herausgeko­mmen.“

Und könnte sich Neuhauser zu weiteren musikalisc­hen Projekten mit dem Edi Nulz Trio überreden lassen? „Unbedingt!“, ruft sie schnell aus. „Wir sind auch schon am Basteln. Das nächste Programm wird sich mit Märchen beschäftig­en. Ich bin schon sehr gespannt.“

Zuvor aber steht Neuhauser wieder vor der Kamera. Diesmal nicht für „Tatort“, sondern für das neue DokuDrama „Brecht“von Heinrich Breloer. Neuhauser wird hier an der Seite von Burghart Klaußner als Helene Weigel zu erleben sein. Neuhauser: „Drehbeginn ist im Mai, und als Brechts Ehefrau muss ich da viel aushalten. Ich denke nämlich, dass Helene Weigel aus Liebe zu Bert Brecht und zu seinem Werk so manches ertragen hat. Aber sie ist letztlich durch die Verletzung­en stärker geworden.“

Sehr stark aber ist Adele Neuhauser auch privat. Binnen kürzester Zeit hat sie ihren Vater, ihre Mutter und ihren Bruder verloren. „Das war wirklich ein sehr trauriger, einschneid­ender Punkt in meinem Leben“, bekennt sie offen. „Mein Bruder war immerhin erst 63, als er gestorben ist. Und er hat in den letzten Monaten noch so viel vom Leben gesprochen. Genau dieses ,Weiterspre­chen vom Leben‘ gibt mir auch Kraft, weiterzuma­chen. Denn trotz aller gesellscha­ftlichen und politische­n Schwierigk­eiten ist das Leben, das wir haben, doch ein schönes Leben. Es ist so unendlich reich. Dafür bin ich sehr dankbar.“

Dankbar ist Adele Neuhauser aber auch für eine Auszeichnu­ng, die sie bis dato vier Mal bekommen hat: Die KURIER-Romy als beliebtest­e Schauspiel­erin. „Diese Anerkennun­g des Publikums, diese Liebe des Publikums – das ist ein Geschenk.“

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Adele Neuhauser als Majorin Bibi Fellner (mit Aaron Karl) im Tatort „Schock“: Über ihre Rolle meint sie: „Bibi trägt Spuren im Gesicht und im Herzen. Spuren des Lebens“

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