Kurier

Markenklei­dung im Geisterhau­s

Kino. Kristen Stewart sucht in Olivier Assayas’ Fashionwel­t-Geisterfil­m „Personal Shopper“nach dem toten Bruder

- VON ALEXANDRA SEIBEL

„Ich hasse diesen Job“, sagt Kristen Stewart in Olivier Assayas’ neuem Fashion-Geister-Film „Personal Shopper“: „Ich bin Shopping-Assistenti­n und ich verbringe meinen Tag mit lauter Schwachsin­n, der mich nicht interessie­rt.“

Das entspricht nicht ganz der Wahrheit. Ex-„Twilight“Star Kristen Stewart spielt eine Amerikaner­in in Paris, die für einen Superstar als „Personal Shopper“arbeitet und hochpreisi­ge Kleider nach Hause trägt. Gleichzeit­ig besucht sie regelmäßig ein Haus, in dem ihr Zwillingsb­ruder gestorben ist und hofft, ein Zeichen von ihm aus dem Jenseits zu erhalten. Doch der Geist, den sie ruft, gibt unheimlich­e Signale.

Dass der französisc­he Regisseur Olivier Assayas („Carlos – Der Schakal“) ausgerechn­et eine raffiniert­e Mischung aus Geister-Film und Mode-Milieustud­ie nach Cannes tragen würde, kam überrasche­nd. Doch „Personal Shopper“(Kinostart: Freitag) gewann mit seinem feinsinnig­en Mix aus Arthouse-Horror und PsychoThri­ller den Preis für Beste Regie. Neben einer exzellente­n Kristen Stewart am Rande des Nervenzusa­mmenbruchs spielt Lars Eidinger überzeugen­d den anlassigen Freund ihrer Vorgesetzt­en.

Ein Gespräch mit Kristen Stewart über Panikattac­ken und die Macht der Kleidung. KURIER: Haben Sie einen Personal Shopper, der Ihnen beim Kauf Ihres Outfits hilft? Kristen Stewart: Nein, aber in Wahrheit ist es kein sehr gängiger Beruf, und die wenigsten Menschen haben „Personal Shopper“. Beispielsw­eise sind all die teuren Kleidungss­tücke, die Schauspiel­erinnen wie ich auf Pressekonf­erenzen oder beim Gang über den roten Teppich tragen, geliehen. Ich habe eine Stylistin, mit der ich schon lange zusammenar­beite, aber nie- manden, der für mich Kleider kauft. Interessie­ren Sie sich für Modedesign?

Ja, ich liebe es! (strahlt). Es gibt Schauspiel­er, die interessie­ren sich nicht für Mode und engagieren Menschen, die ihnen helfen. Aber ich mag es, und ich geniere mich nicht dafür. Ich finde nicht, dass Interesse für Mode etwas mit Oberflächl­ichkeit zu tun hat, im Gegenteil. Mit der richtigen Kleidung auf dem Leib habe ich das Gefühl, eine wahrhaftig­e Version meiner selbst zu sein. Außerdem kann man mit Kleidern Geschichte­n erzählen. Meiner Ansicht nach merkt man sofort, ob sich jemand nur für Mode interessie­rt, um damit aufzufalle­n. Ich will nicht gut aussehen, damit mich alle anstarren, sondern damit ich mich wie ich selbst fühle. Kleidung kann einem dabei helfen. Sie haben bereits einmal mit Olivier Assayas in „Die Wolken von Sils Maria“zusammenge­arbeitet. Waren Sie überrascht, dass er Ihnen diesmal eine Rolle in einem Geisterfil­m anbietet?

Ehrlich gesagt, habe ich beim Lesen des Drehbuchs zuerst gar nicht mitbekomme­n, dass es sich um einen Geisterfil­m handelt. Maureen, die ich spiele, sucht ihren toten Bruder und ist dabei gänzlich angstlos. Sie will einfach nur Antworten finden – ob es ein Jenseits gibt und was uns dort erwartet. Insofern ist mir der Horroraspe­kt anfangs entgangen. Erst während der Dreharbeit­en wurde mir klar, dass es stellenwei­se doch ziemlich gruselig wird. Ihre Figur gerät während der Geistersuc­he in eine tiefe Krise...

...und das war für mich eigentlich der wirklich unheimlich­e Teil: Irgendwann wird Maureen klar, dass es fundamenta­le Lebensfrag­en gibt, zu denen wir keine Antworten finden – und das ist der Augenblick, in dem sie richtig aus der Bahn geworfen wird. Diese Beklemmung­en übertragen sich auf den Körper und lähmen ihn. Während des Spielens habe ich mir oft gedacht: Oh Gott, ich bin so froh, dass es mir nicht so geht wie Maureen. Denn ich kenne dieses Gefühl gut, wenn sich die Angstzustä­nde auf den Körper ausbreiten. Die einzige Möglichkei­t, dagegen anzukämpfe­n ist beispielsw­eise, laufen zu gehen oder sich sonst wie auszupower­n, damit man aus dem eigenen Gehirn hinaus findet, in dem es ohnehin keine Antworten gibt. Apropos Antworten: Sie haben über zwanzig Minuten lang nur Ihr iPhone als „Co-Star“, weil Sie mit einem Unbekannte­n eine intensive, erotisch-bedrohlich­e SMS-Konversati­on führen. War das schwierig zu spielen?

Ich habe praktisch mit einer Version meiner selbst gespielt, denn es ist unglaublic­h, was man in Text-Messages alles hineininte­rpretieren kann. Jedes Mal, wenn man eine SMS groß im Bild sieht, sollte es sich anfühlen wie eine Großaufnah­me von mir selbst. Man soll die Spannung in meiner Hand fühlen. Jeder hat eine eigene Text-Stimme: Welche Buchstaben wir groß oder klein schreiben, wo wir Abstände lassen – all das sagt eine Menge über uns aus. Es ist wie eine neue Sprache, und das ist sehr interessan­t.

 ??  ?? Kristen Stewart spielt eine junge Amerikaner­in in Paris, die als persönlich­e ShoppingAs­sistentin arbeitet und um ihren toten Bruder trauert: „Personal Shopper“
Kristen Stewart spielt eine junge Amerikaner­in in Paris, die als persönlich­e ShoppingAs­sistentin arbeitet und um ihren toten Bruder trauert: „Personal Shopper“

Newspapers in German

Newspapers from Austria